27.06.2018 | Beratungsfelder

Beratungsfall "Influencer"

DKB

Von Alexandra Buba * 

Ihr Image ist nicht gerade berauschend, bestenfalls gelten sie als schrille Vögel, öfter jedoch haftet ihnen der Ruch der talentfreien Schleichwerber an: Die Rede ist von den sogenannten Influencern, von denen es rund 60.000 in Deutschland geben soll, und deren Geschäfte auch Steuerberater zunehmend betreffen.

Immer gut in Szene gesetzt: Influencer vermarkten ihre eigene Person und müssen dabei steuerlich einiges beachten. (Foto: © Photographee.eu - Fotolia.com)

Sie heißen Dagibee, Concrafter, Julien Bam oder Lisa und Lena. Letztere sind 15-jährige Zwillingsmädchen, die in den USA leben und denen auf Youtube Millionen andere dabei zusehen, wie sie sich schminken, stylen oder singen. Im Video zu ihrem eigenen Song, dessen mangelnden Einfallsreichtum selbst Fans beklagen, fallen sie zwar in Adidas-Klamotten in einen kalifornischen Pool, tanzen aber ansonsten ausschließlich in Kleidung ihres eigenen Labels vor einer Reihe gelber Schulbusse durch ihren vermeintlichen Alltag. Sehenswert? Für die meisten über 30-jährigen* ist dies eher eine fremde und abstruse Welt.

Geht es darum, sich durch Musik auszudrücken, damit Geld zu verdienen oder nur um die Vermarktung der eigenen oder auch fremder Kleidung? Wenn diese Grenzen verschwimmen, ist man beim Influencer Marketing. Influencer sind Menschen, die im Internet Content erstellen, diesen in Sozialen Medien veröffentlichen und das nicht ausschließlich zum Selbstausdruck tun. Vielmehr erhalten sie dafür von Unternehmen unmittelbar Budget, Waren oder Dienstleistungen. Damit erreicht ihr Handeln eine steuerliche Dimension.

Der Bundesverband Influencer Marketing e.V. geht davon aus, dass es in Deutschland rund 60.000 Influencer, Blogger und Personen des öffentlichen Lebens wie Sportler oder Schauspieler gibt, die ein solches Geschäftsmodell verfolgen. Dabei lässt sich zwischen Mikro-Influencern, die eine kleine, kompakte Community ansprechen, und Makro-Influencern mit Millionenreichweiten unterscheiden. Die beiden Gruppen verbinden zwei Merkmale: Erstens eine Community, mit der interagiert und Inhaltliches geteilt wird. Und zweitens die Bereitschaft, Content gegen Bezahlung durch Dritte - monetär oder in Sachwerten - zu produzieren.

Schleichwerbung mit geldwerten Vorteilen?

Inwieweit nun gekennzeichnet sein muss, ob zum Beispiel eine bestimmte Uhr auf einem Instagramfoto im Bild ist, weil sie dem Influencer tatsächlich gefällt - möglich - oder weil eine Firma – häufig - dafür bezahlt, ist ein wettbewerbsrechtliches Problem, das gerade breit diskutiert wird. Die Debatte ist notwendig, weil gerade die Zielgruppe der Teenager an die Authentizität ihrer Idole glaubt, bei denen in Wirklichkeit ganze Produktionsteams im Badezimmer dafür sorgen, dass der Clip am Ende unprofessionell und improvisiert aussieht.

Steuerlich relevant ist diese Frage aber freilich nicht. Interessant wird es für Steuerberater dann, wenn es darum geht, zu klären, wo ein geldwerter Vorteil zu versteuern ist. Der Tatsache, dass dem so sein könnte, sind sich viele Influencer zunächst gar nicht bewusst. Das kann auch für Mandanten oder deren Kinder gelten, denn die Zahl derer, die sich in kleinem Rahmen als Influencer verdingen, ist groß, auch wenn ihre wirtschaftliche Bedeutung gering ist.

So schätzt der Bundesverband Influencer Marketing e.V. den Umsatz, den der Gesamtmarkt erwirtschaftet, auf 150 bis 200 Millionen Euro, allerdings sehr gespreizt. "Nach ersten Schätzungen gehen wir davon aus, dass lediglich zehn bis 15 Prozent der aktiven Influencer rund 85 bis 90 Prozent der Umsätze generieren", sagt Stefan Doktorowski, Vorstandsvorsitzender des Bundesverbands Influencer Marketing e.V.

Oder professionelle Marketingdienstleistung?

Während bei den Makro-Influencern davon auszugehen ist, dass sie die steuerliche Seite ihres Handels ebenso professionell im Blick haben wie die Vermarktung ihrer Person, können Mikroinfluencer mitunter die Tragweite ihres Handels nicht abschätzen, insbesondere dann nicht, wenn es um überlassene Dienstleistungen und Produkte geht. Letztere spielen eine große Rolle im Geschäft, ihren absoluten Jahreswert schätzt der Branchenverband auf etwa fünf bis neun Millionen Euro; den monatlichen Durchschnitt je Influencer an überlassenen Dienstleistungen und Produkten auf 150 bis 250 Euro.

Wie dies im Einzelfall steuerlich zu beurteilen ist, lässt sich in der Beratung noch verhältnismäßig einfach klären. Schwieriger als die korrekte Deklaration ist es aber, überhaupt das Bewusstsein bei den Mandanten für diese Sachverhalte zu schärfen. Sie zu informieren und sich gleichzeitig intensiver mit der Materie auseinanderzusetzen, dient aber nicht nur der Beratungshygiene, sondern kann auch ein lohnendes Invest sein.

Wachsendes Beratungsfeld!

Denn die Bedeutung der Influencer wird weiter zunehmen. Die Unternehmen haben diese Form des Marketings als Werkzeug entdeckt, mit ihrer Zielgruppe in engen Kontakt zu kommen und dabei nicht nur Bestehendes zu vermarkten, sondern wertvolle Informationen für ihre Produktstrategien zu gewinnen.

Der Branchenverband prophezeit daher nicht nur einen immer größeren Budgetshift hin zum Influencer Marketing, sondern auch eine starke Professionalisierung. „Die Standardisierungen von Zahlungsmodellen, produktpolitischen Komponenten und der

Messbarkeit von Kampagnen, die immer transparenter den Erfolg oder Misserfolg einer Kooperation aufzeigen können, sorgen dafür, dass dem Bereich eine immer größere Rolle zukommen wird“, so Doktorowski.

Das belegt auch eine Umfrage des Zentralverbands der deutschen Werbewirtschaft e. V., in der knapp die Hälfte der Firmen angab, Marketingbudget in Richtung Influencer-Marketing umschichten zu wollen; mehr als ein Drittel will das zudem „vielleicht“ tun. Zeit also, sich mit dem Teil des Internets auseinanderzusetzen, in dem sich bis dato eher Jugendliche aufhalten.

* Zu dieser Generation zähle auch ich, deshalb unterstützte meine fast 10-jährige Tochter Anna, Digital Native und Kommunikationsjunky, meine Recherchen an dieser Stelle.

* Autorin:

Alexandra Buba ist freie Journalistin und spezialisiert auf die Themen der Steuerberatungsbranche. Ihr besonderer Schwerpunkt sind Management- und IT-Themen (www.medientext.com). Sie schreibt regelmäßig für die STB Web-Redaktion.

 

 

 

Hinweis: Beachten Sie bitte das Datum dieses Artikels. Er stammt vom 27.06.2018, sodass die Inhalte ggf. nicht mehr dem aktuellsten (Rechts-) Stand entsprechen.