25.02.2021 | Rechtsprechung

Corona-Lockdown: Pflicht zur Mietzahlung trotz Ladenschließung?

Bei den Oberlandesgerichten Karlsruhe und Dresden sind jeweils Urteile in Einzelfällen hinsichtlich der Frage der Mietanpassung aufgrund coronabedingter Ladenschließung ergangen. Der Kläger in Karlsruhe hatte keinen Erfolg, die Richter*innen in Dresden gewährten eine 50-prozentige Reduzierung der Kaltmiete.

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(Foto: © iStock.com/Animaflora)

Die Berufung einer Einzelhandelskette, deren Filiale aufgrund einer behördlichen Anordnung im ersten Corona-Lockdown vom 18. März bis zum 19. April 2020 geschlossen bleiben musste und die daher die vereinbarte Miete für ihr Ladenlokal im April 2020 nicht an ihre Vermieter bezahlte, hatte keinen Erfolg.

Sachmangel des Mietobjekts?

Die Mietzahlung könne nicht ohne Weiteres ausgesetzt oder reduziert werden, so das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe mit Urteil vom 24.02.2021, Az. 7 U 109/20). Eine allgemeine coronabedingte Schließungsanordnung begründe keinen Sachmangel des Mietobjekts, der einen Mieter zur Minderung der Miete berechtige. Der Zustand der Mieträume als solcher habe die vertraglich vorgesehene Nutzung als Verkaufs- und Lagerräume eines Einzelhandelsgeschäfts weiterhin erlaubt, sodass auch unter diesem Aspekt die Mietzahlungspflicht nicht in Wegfall geriet.

Demgegenüber hat das OLG Dresden in einem anderen Fall entschieden, dass für ein von staatlicher Schließungsanordnung aufgrund von Corona-Schutzmaßnahmen betroffenes Ladenlokal ein angepasster Mietzins zu zahlen ist (OLG Dresden, Urteil vom 24.02.2021, Az. 5 U 1782/20). Auch hier ging es um die Miete für den Monat April 2020, die unter Berufung darauf nicht gezahlt wurde, dass der Laden in der Zeit vom 19. März 2020 bis einschließlich 19. April 2020 nicht öffnen durfte.

Störung der Geschäftsgrundlage

Die Dresdner Richter*innen gehen davon aus, dass es auf das Vorliegen eines Mangels des Mietobjekts nicht ankommt und die Vorschriften der Unmöglichkeit keine Anwendung finden. Allerdings sei infolge des Auftretens der Corona-Pandemie und der staatlichen Schließungsanordnung eine sogenannte Störung der Geschäftsgrundlage eingetreten, welche eine Anpassung des Vertrags dahin auslöse, dass die Kaltmiete für die Dauer der angeordneten Schließung auf die Hälfte reduziert werde. Dies sei gerechtfertigt, weil keine der Parteien eine Ursache für die Störung der Geschäftsgrundlage gesetzt oder sie vorhergesehen habe. Es sei daher im vorliegenden Fall angemessen, die damit verbundene Belastung gleichmäßig auf beide Parteien zu verteilen.

Auch die Karlsruher Richter*innen haben darauf hingewiesen, dass eine Unzumutbarkeit der vollständigen Mietzahlung in solchen Fällen unter dem Gesichtspunkt eines „Wegfalls der Geschäftsgrundlage“ grundsätzlich in Betracht kommen könne. Dies setze jedoch voraus, dass die Inanspruchnahme des Mieters zu einer Vernichtung seiner Existenz führen oder sein wirtschaftliches Fortkommen zumindest schwerwiegend beeinträchtigen würde und auch die Interessenlage des Vermieters eine Vertragsanpassung erlaube. Hierfür sei eine Prüfung der Umstände des Einzelfalls erforderlich, bei der unter anderem der Rückgang der Umsätze, mögliche Kompensationen durch Onlinehandel oder durch öffentliche Leistungen, ersparte Aufwendungen zum Beispiel durch Kurzarbeit sowie fortbestehende Vermögenswerte durch weiterhin verkaufbare Ware zu berücksichtigen seien. Solche besonderen Umstände, die zu einer Unzumutbarkeit der Mietzahlung führen könnten, hatte die berufungsführende Einzelhandelskette im Karlsruher Fall nicht in ausreichender Weise geltend gemacht.

Das OLG Karlsruhe hat die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen. Auch gegen das Urteil des OLG Dresden kann das Rechtsmittel der Revision eingelegt werden. Beide Entscheidungen sind daher noch nicht rechtskräftig.

(OLG Karlsruhe / OLG Dresden / STB Web)

Hinweis: Beachten Sie bitte das Datum dieses Artikels. Er stammt vom 25.02.2021, sodass die Inhalte ggf. nicht mehr dem aktuellsten (Rechts-) Stand entsprechen.