25.10.2021 | OLG Hamm

Überhöhte Schätzung des Nachlasswerts

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In einem vom Oberlandesgericht Hamm entschiedenen Verfahren ging es um eine Beschwerde wegen einer unrealistisch überhöhten Schätzung des Nachlasswerts durch das Gericht.

Der Beteiligte beantragte gestützt auf ein Testament des Erblassers die Erteilung eines Alleinerbscheins zu seinen Gunsten. Dabei gab er unter anderem an, dass zum Nachlass ein Miteigentumsanteil von 1/4 an einer Immobilie gehöre. Nachdem die ermittelten gesetzlichen Erben dem Erbscheinantrag nicht widersprochen hatten, erließ das Nachlassgericht einen entsprechenden Feststellungsbeschluss, der Erbschein wurde antragsgemäß erteilt.

Fragebogen zur Ermittlung des Nachlasswerts

Der Beteiligte reichte in der Folge trotz zweimaliger Erinnerung den ihm mit dem Erbschein zugesandten Fragebogen zur Ermittlung des Nachlasswerts nicht ausgefüllt zurück. Daraufhin setzte das Nachlassgericht den Geschäftswert für das Erbscheinverfahren auf zwei Millionen Euro fest. Der Nachlasswert sei geschätzt worden, nachdem der Beteiligte trotz mehrfacher Anfragen keine Angaben gemacht habe. Es sei bekannt, dass sich ein 1/4-Anteil eines Grundstücks im Nachlass befinde, zudem sei davon auszugehen, dass auch Geldvermögen vorhanden gewesen sei.

Der Erbe rügte die Geschäftswertfestsetzung als falsch. Das zuständige Amtsgericht hätte ihm mitgeteilt, dass dort kein Grundbucheintrag auf den Erblasser feststellbar sei. Das Geldvermögen sei wegen vieler offener Rechnungen und Vorgänge bei der Krankenkasse und der Versorgungskasse noch ungeklärt. Verlässliche Angaben zum Wert des Nachlasses könne er noch nicht machen.

Schätzung darf kein Mittel zur Sanktionierung sein

Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens und damit verbundener Prüfung der Gegenstandswertfestsetzung stellte das OLG Hamm fest, dass in der Schätzung durch das Nachlassgericht eine unrichtige Sachbehandlung im Sinne des Gerichts- und Notarkostengesetz vorliegen könnte. Dies könne dann anzunehmen sein, wenn das Nachlassgericht bei der Bemessung des Geschäftswerts im Erbscheinverfahren bei fehlender Mitwirkung des hierzu verpflichteten Erben eine erkennbar unrealistisch überhöhte Schätzung des Nachlasswerts vornimmt (anstatt eigene Ermittlungen anzustellen). Denn die Schätzung des Nachlasswerts stelle kein Mittel zur Sanktionierung der fehlenden Mitwirkung des Erben dar.

Die Annahme einer unrichtigen Sachbehandlung durch Festsetzung des Geschäftswertes in Höhe von zwei Millionen liege im vorliegenden Fall mindestens sehr nahe.

Beschluss vom 18.08.2021 (Az. 10 W 69/21)

(OLG Hamm / STB Web)

Hinweis: Beachten Sie bitte das Datum dieses Artikels. Er stammt vom 25.10.2021, sodass die Inhalte ggf. nicht mehr dem aktuellsten (Rechts-) Stand entsprechen.