26.09.2024 | Fachartikel

Unzufriedenheit mit Mitarbeitern: Ansprechen oder wie eine Porzellanfigur behandeln?

Von Zach Davis, Simple First Consulting GmbH

In Zeiten hoher Arbeitslast und zunehmenden Fachkräftemangels, gibt es häufig eine Hemmschwelle, Mitarbeiter auf Fehlverhalten und andere Missstände anzusprechen. An manchen Stellen ist es ein Zögern, an anderen Angst oder eine gefühlte Machtlosigkeit seitens der Führungskraft. Der Beitrag stellt Beispiele dar und gibt Hilfestellung zur Vorgehensweise.

(Foto: © iStock.com/fizkes)

Ein aktuelles Beispiel aus einer Kanzlei: Eine Mitarbeiterin in der Buchhaltung besitzt über ein Jahrzehnt Berufserfahrung. Der Betrag, der über ihre Arbeitsergebnisse abgerechnet wird, deckt gerade mal ihr Bruttogehalt. Schon beim Einbeziehen der Lohnnebenkosten ergibt sich ein negativer Deckungsbeitrag. Aufgrund des akuten Engpasses in der FiBu und der hohen Arbeitslast bei den zwei Leistungsträgern in diesem Bereich sowie der Angst, diese noch weiter zu überlasten, wird das Problem seitens des Partners nicht adressiert. Ist das nachvollziehbar? Bis zu einem gewissen Grad, ja. Eine gute und vor allem eine dauerhaft tragfähige Situation ist es jedoch nicht.

Hoffnung ist keine Strategie

Die Hoffnung, dass es von allein besser wird, ist in den seltensten Fällen eine vielversprechende Vorgehensweise. Hoffnung ist keine Strategie!

Im Übrigen ist die ausbleibende Thematisierung auch oft dem Mitarbeiter gegenüber nicht fair! Er hat – ohne einen entsprechenden Hinweis – keinen Grund anzunehmen, dass etwas im Argen liegt. Möglicherweise ist es noch schlimmer, wenn dieser eine Unzufriedenheit spürt, aber keine Klarheit, worauf sich diese konkret bezieht.

Beleuchten wir die wesentlichen Kategorien von Fehlverhalten, die uns im Alltag begegnen können:

  • Die Arbeitsqualität: Diese ist immer im Verhältnis zum Erwartbaren (entsprechend der Qualifikation und der Vertrautheit mit dem Mandat) zu sehen. Hier geht es meistens um den Inhalt des gelieferten Arbeitsergebnisses.
  • Effizienz: Ein häufiges Problem besteht darin, dass die Arbeit zwar inhaltlich gut ist, aber schlichtweg deutlich zu lange dafür benötigt wird. Perfektionismus und das fehlende Abschätzen der Verhältnismäßigkeit sind oft die Ursachen.
  • Kommunikationsverhalten: Hier geht es zum Beispiel darum, dass jemand entscheidende Informationen nicht kommuniziert oder um den Kommunikationsstil der Person gegenüber Kollegen oder Mandanten. Die Auswirkung ist oft eine Unzufriedenheit bzw. schlechte Stimmung, die nicht sein müsste.
  • Mitdenken: Einer der häufigsten Wünsche von Führungskräften ist, dass ihre Mitarbeiter doch bitte stärker mitdenken sollten. So verständlich dieser Wunsch ist, gilt es hierbei ebenfalls faire Maßstäbe anzusetzen – entsprechend der Erfahrung der Person und der Rahmenbedingungen, die man für die Person geschaffen hat.
  • Nichteinhaltung von Regeln oder Prozessen: Es gibt explizit definierte und kommunizierte Vorgehensweisen, aber jemand hält sich wiederholt nicht daran.
Foto: © Zach Davis, Simple First Consulting GmbH

Bevor wir uns mit möglichen Herangehensweisen beim Adressieren von (wahrgenommenem!) Fehlverhalten beschäftigen, ein Erfahrungswert: Ich kenne kaum einen Steuerberater, der es bereut, zu kurz an jemandem festgehalten zu haben. Ich kenne jedoch Dutzende Steuerberater, die es bereuen, nicht schon viel früher gehandelt zu haben – sei es nur durch ein Adressieren oder bezogen auf eine Trennungsentscheidung. Mit anderen Worten: Ein kleines Wunder in Bezug auf eine rasante Entwicklung kommt vor, ist aber selten!

Dies zum Ausdruck gebracht habend, möchte ich betonen, dass ich ein großer Fan davon bin, es mit einem Mitarbeiter über unterschiedliche Wege und mit einem Maß an Geduld mehrfach zu probieren. Das Probieren bezieht sich auf das gemeinsame Streben nach einer Verbesserung. Hier möchte ich Ihnen zwei pragmatische Ansätze vorstellen:

Zwei pragmatische Ansätze

Ansatz 1:

1) Objektive Beschreibung:

Die objektive Beschreibung bezieht sich auf das, was ein neutraler Beobachter wahrnehmen und wiedergeben könnte. Es geht hierbei darum, möglichst nicht (und vor allem nicht negativ) zu interpretieren. Ein Beispiel "Du hast die Gehaltsabrechnung für die Meier GmbH gestern gemacht. Herr Meier hat angerufen und mir gesagt, dass ein paar Fehler drin sind, die auch schon letzten Monat passiert sind. Er ist ziemlich sauer. Ich habe es mir angeschaut und es sieht für mich so aus, als ob er damit inhaltlich recht hat." Geben Sie dann Ihrem Mitarbeiter die Gelegenheit, sich hierzu zu äußern. Hören Sie hierbei zu. Versuchen Sie, die Fakten und die Perspektive des Mitarbeiters zu verstehen. Hierbei gilt: Verstehen heißt nicht, dass Sie zwingend auch einverstanden sind.

2) Ich-Botschaft:

Dieser Schritt sowie der nächste Schritt sind oft nicht notwendig, wenn es nach Schritt 1 bereits einen konstruktiven Dialog gibt. Ein Beispiel für eine Ich-Botschaft wäre: "Es ist für mich völlig in Ordnung, wenn Fehler passieren. Mir ist nur wichtig, speziell bei sensiblen Themen wie der Lohnabrechnung, dass es hier nochmal eine Kontrolle gibt und dass Fehler, die passiert sind, notiert werden und kein zweites Mal passieren." Oder "Wenn die gleichen Fehler zweimal hintereinander passieren, steht unser Mandat von seinen Mitarbeitern blöd da und wir vor unserem Mandanten genauso. Das macht mir wirklich Sorgen."

3) Wunsch bzw. Erwartung:

Die Worte "Wunsch" bzw. "Erwartung" vermitteln bereits recht klar, worum es in diesem Schritt geht. Hierbei ist der Wunsch weicher und die Erwartung härter. Neben der Wortwahl beeinflusst die Tonalität die Botschaft und die Aufnahme der Botschaft.

Ansatz 2:

1) Erklärung:

Der Ausgangspunkt dieses Ansatzes ist die Erklärung der Situation und ggfs. der eigenen Perspektive. Diese kann den ersten beiden Schritten des ersten Ansatzes ähneln, aber auch andere Elemente beinhalten.

2) Wiedergabe:

Im zweiten Schritt bittet man sein Gegenüber, das Wesentliche in eigenen Worten wiederzugeben. Damit dies nicht komisch wirkt, hilft eine Erklärung wie "Ich weiß, dass das viele Informationen waren. Damit ich weiß, dass meine Erklärung nachvollziehbar war: Magst Du die wesentlichen Punkte wiedergeben, wie sie bei dir angekommen sind?"

3) Folgetermin:

In manchen Situationen verändert sich das Verhalten wie gewünscht, in manchen nicht. Wenn sich das Verhalten in die gewünschte Richtung verändert, ist dies manchmal von Dauer und manchmal nur mit einer sehr geringen Halbwertszeit versehen. Sowohl die Wahrscheinlichkeit der Verhaltensänderung als auch die Nachhaltigkeit dessen kann man sehr leicht erhöhen, indem man einen Folgetermin vereinbart. Bspw. durch "Mich interessiert natürlich sehr, wie es für dich funktioniert und ob ich dir hierbei noch eine Hilfestellung geben kann. Wann wäre ein guter Zeitpunkt, um hierüber zu sprechen? Eher Ende dieser Woche oder Anfang nächster Woche?"

Wenn man sehr regelmäßig – auch ohne, dass es ein Fehlverhalten gibt – Feedback gibt und über Verbesserungen spricht, wird es zunehmend zur Normalität, dass es um Verbesserungen geht. Je mehr dies passiert, desto höher wird der Anteil der "problemfreien" Situationen, bei denen es nicht um ein Defizit geht, sondern darum, dass irgendetwas noch besser werden kann. Dies stärkt nebenbei die Beziehung und somit das Fundament, welches oft nötig ist, um ein kritisches Thema konstruktiv besprechen zu können.

Abfärbeeffekt auf Kollegen berücksichtigen

Wenn es um ein Fehlverhalten über einen längeren Zeitraum geht, stellt sich am Ende des sprichwörtlichen Tages die Frage, ob das "Gesamtpaket" in Bezug auf den zumindest teilweise problematischen Mitarbeiter gut ist oder nicht. In der Bewertung ist hier noch ein möglicher negativer Abfärbeeffekt auf Kollegen zu berücksichtigen. Wenn jemand trotz mehrerer Bemühungen nur 70 Prozent des Erwartbaren leistet, kann man entweder die Entscheidung treffen, dies zu akzeptieren oder es als inakzeptabel einstufen. Wenn derjenige jedoch durch seine Minderleistung den Standard herabsetzt und hierdurch fünf Kollegen 10 Prozent weniger leisten, ist die Bewertung eindeutig.

Eine Kanzleiinhaberin schilderte, dass sie einen Mitarbeiter hat, der in jeglicher Hinsicht sehr gute Arbeit leistet, sich jedoch am sozialen Austausch (Mittagessen, Plausch, Betriebsausflug) nicht beteiligt. Für sie und das restliche Team hat dieser soziale Austausch einen signifikanten Stellenwert. Hierbei gibt es keine allgemeingültig richtige Entscheidung. In diesem Fall kam die Kanzleileiterin zur Bewertung, dass es ihr lieber wäre, wenn es eine stärkere Integration gäbe, sie aber damit leben kann und an sich selbst arbeiten will, nicht von dem Mitarbeiter zu erwarten, welches dieser nicht möchte. An diesem Beispiel erkennt man gut, dass man auch als Führungskraft in der Vorgehensweise flexibel sein muss.

Fazit

Letztlich gibt es nicht den einen Ansatz, der für jede Situation, passend ist. Es gibt unterschiedliche Kategorien und Intensitäten von Fehlverhalten. Auch die Toleranzschwelle seitens der Führungskräfte ist unterschiedlich und situationsbedingt. Mit den beiden oben genannten Ansätzen – gepaart mit gesundem Menschenverstand – dürften Sie jedoch die meisten Situationen gut meistern können.

Zusatznutzen

Sichern Sie sich hier die passenden Unterlagen zum Beitrag von Zach Davis:

  • Eine Ressource zum Thema "Veränderungs-Immunität und Digital-Phobie"
  • Eine Unterlage zum Thema "Trennung"

Klicken Sie hierzu auf: zachdavis.de/fv/


Zur Person:

Zach DavisZach Davis ist Experte für Kapazitätsengpässe, Zeitintelligenz und Mitarbeitergewinnung, Vortragsredner des Jahres 2011, erfolgreicher Speaker und Berater. Als Coach unterstützt er Steuerkanzleien dabei, mehr Mitarbeiter zu gewinnen, sowie produktiver und profitabler zu werden. Er ist Mitgründer und Geschäftsführer der Simple First Consulting GmbH. Weitere Informationen: www.zachdavis.de.