22.11.2024 | Bundesfinanzhof
Verzichtet ein Kind zivilrechtlich wirksam gegenüber einem Elternteil auf seinen gesetzlichen Erbteil, dann hat dieser Verzicht für die Erbschaftsteuer nicht zur Folge, dass beim Versterben des Elternteils die Enkel des Erblassers den Freibetrag in Höhe von 400.000 Euro erhalten.
Vielmehr erhält der Enkel nur einen Freibetrag in Höhe von 200.000 Euro. Der Verzicht auf den gesetzlichen Erbteil eines Abkömmlings scheidet somit als "Steuersparmodell" für die Enkel des Erblassers aus. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 31.07.2024 (Az. II R 13/22) entschieden.
Im Streitfall hatte ein Sohn gegenüber seinem Vater vertraglich auf sein gesetzliches Erbrecht verzichtet. Zivilrechtlich galt der Sohn deshalb "als verstorben" und hatte auch keinen Anspruch auf einen Pflichtteil. Als der Vater schließlich verstarb, wurde sein Enkel gesetzlicher Erbe. Er beantragte, ihm für die Erbschaft einen Freibetrag in Höhe von 400.000 Euro zu gewähren. Dabei handelt es sich um den Freibetrag, der ihm zu gewähren wäre, wenn sein Vater tatsächlich vorverstorben wäre.
Das Finanzamt gewährte aber nur einen Freibetrag in Höhe von 200.000 Euro - den Freibetrag, der ihm als Enkel des verstorbenen Großvaters zustand, da sein eigener Vater zwar auf seinen gesetzlichen Erbteil verzichtet hatte, aber bei Tod des Großvaters noch am Leben war.
Gesetzeswortlaut eindeutig
So sieht es auch der Bundesfinanzhof. Der Gesetzeswortlaut hinsichtlich des Freibetrags von 400.000 Euro sei eindeutig. Er benennt als Empfänger dieses höheren Freibetrags "Kinder verstorbener Kinder". Lediglich "als verstorben geltende" Kinder werden nicht aufgeführt.
Die erbschaftsteuerrechtlichen Freibetragsregelungen wollen die Abkömmlinge der ersten Generation (Kinder) begünstigen. Bei den Enkeln hat der Gesetzgeber die familiäre Verbundenheit nicht als so eng angesehen und gibt ihnen einen geringeren Freibetrag (200.000 Euro). Lediglich wenn die eigene Elterngeneration vorverstorben ist, sieht der Gesetzgeber die Großeltern für das Auskommen der verwaisten Enkel in der Pflicht und gewährt ihnen den höheren Freibetrag von 400.000 Euro.
Kein "Steuersparmodell"
Eine Ausdehnung des höheren Freibetrags auf Kinder, die nur vom Gesetz als verstorben angesehen werden, die aber tatsächlich bei Tod des Großelternteils noch leben, habe der Gesetzgeber nicht gewollt, so der BFH.
Die Vergünstigung sei nicht geboten, wenn der Abkömmling des Erblassers noch lebe und weiterhin für die finanzielle Ausstattung seines Kindes, das heißt des Enkels des Erblassers, sorgen könne. Außerdem könne das von der gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossene Kind weiterhin bei Tod seines Elternteils testamentarisch erben und dann seinen eigenen Freibetrag als Kind in Höhe von 400.000 Euro in Anspruch nehmen. Würde gleichzeitig dem Enkel auch der höhere Freibetrag gewährt, wäre das eine legale Steuerumgehungsmöglichkeit in Gestalt einer Doppelbegünstigung, die von Gesetzes wegen nicht gewollt sei. Daher sei die Norm auch verfassungsgemäß.
(BFH / STB Web)