28.11.2024 | Fachartikel

Zwei Quick Wins für die eigene Produktivität

Von Zach Davis, Simple First Consulting GmbH

"Hilfe, ich werde ständig rausgerissen!" Man will einfach die aktuelle Aufgabe abschließen, doch ständig klingelt das Telefon, trifft eine neue Mail ein oder jemand steht vor einem. Das Ergebnis ist, dass man zwar die ganze Zeit aktiv war – aber leider primär in reaktiver Form. Daraus resultierend schiebt sich die Fertigstellung der eigentlich geplanten Aufgaben immer weiter nach hinten.

(Foto: © iStock.com/Jacob Wackerhausen)

Warum ist dieses Thema so schwierig? Es stellt einen Zielkonflikt dar: Auf der einen Seite gibt es Aufgaben, die man bearbeiten möchte oder muss. Auf der anderen Seite will ständig irgendwer irgendwas über irgendeinen Kanal.

Betrachten wir beide Verhaltensweisen, wird deutlich, dass beide Varianten keine wirklich gute Lösung darstellen: Reagiert man immer auf alles, bleibt Wichtiges liegen. Schottet man sich komplett ab, ist dies zwar vorteilhaft für die Produktivität beim Abarbeiten der Aufgaben, bringt aber andere Nachteile einer schlechten Erreichbarkeit mit sich, die in einer Unzufriedenheit von Mitarbeitern und Mandanten münden können.

Hierzu möchte ich zwei "Quick Wins" darstellen und eine zentrale Erkenntnis:

Quick Win 1: Weniger Ping-Ping

Während Sie gerade konzentriert an einer Aufgabe sitzen, trifft eine neue Mail ein. Sie hören einen Signalton, sehen das Briefumschlagsymbol und vielleicht sogar (als Outlooknutzer) das Vorschaufenster, das ein wenig so aussieht, als ob es atmet.

Nun kann man unter Einsatz von Willenskraft versuchen, nicht oder nur kurz reinzuschauen. Fakt ist jedoch, dass es Zeit und Fokus kostet. Wenn Sie 67 Mails am Tag bekommen, dann bis zu 67 Mal. Das kostet Produktivität und erhöht den Stresspegel.

Es gibt es an vielen Stellen die Empfehlung, nur x-mal ins Postfach zu schauen, also die Häufigkeit klar zu limitieren. Das kann gut funktionieren. Für die meisten Menschen funktioniert es nicht. Sobald man Kenntnis von einer neuen Nachricht hat, setzt die Neugierde ein.

Foto: © Zach Davis, Simple First Consulting GmbH

Wie lautet die Empfehlung? Hinweise auf neue Mails zu deaktivieren: kein Signalton, kein Briefumschlag, keine Vorschau. Man bekommt es einfach nicht mit. Führt es dazu, dass man tagelang nichts von neuen Mails mitbekommt? Eher nicht, selbst mehrere Stunden sind selten. Der tatsächlich häufigste Effekt ist, dass man eine Aufgabe abschließt und dann wieder ins Postfach schaut. Manchmal ist es auch nur eine Teilaufgabe innerhalb eines größeren Themas, die man abschließt. Aber genau darum geht es: Dass man einen zumindest halbwegs sinnvollen Abschnitt abschließt, bevor man wieder neue Nachrichten konsumiert. Damit sichert man sich in der Regel den Löwenanteil der Vorteile: Einerseits eine deutlich geringe Anzahl von Unterbrechungen und andererseits eine relativ zeitnahe Kenntnis in Bezug auf neue Nachrichten.

Quick Win 2: So klappt es mit der geblockten Zeit

Sie kennen es bestimmt: Man hat sich fest vorgenommen, zu einer bestimmten Zeit – beispielsweise heute zwischen 10 und 11 Uhr – eine wichtige Aufgabe konzentriert zu bearbeiten. Wie oft passiert dies dann wie geplant? Die meisten Menschen sagen mir, dass es eher die Ausnahme als die Regel ist und sie sich wünschen, dass die Erfolgsquote steigt.

Wie bekommen wir die Erfolgsquote gesteigert? Hier ein paar Ansätze, die für viele Menschen gut funktionieren:

  • Erkennbarkeit: Wenn andere Menschen nicht erkennen können, dass Sie nicht gestört werden wollen, können sie das Vorhaben nicht unterstützen – selbst, wenn sie hierzu bereit wären. Die Erkennbarkeit kann bspw. die geschlossene Tür sein, die deaktivierte Telefonanlage oder der Eintrag in den Kalender.
  • Präventivfrage: Man fragt die Personen im engeren Umfeld, ob diese in der nächsten Stunde etwas von einem bräuchten. Damit lassen sich viele Punkte vorwegnehmen.
  • Gastsituation: Man stelle sich vor, man hätte einen Gast. Wie würde man dann mit den meisten potenziellen Störungen umgehen? Deutlich konsequenter! Es gilt also, geblockte Zeit zu betrachten und zu behandeln wie einen Termin mit einer anderen Person.
  • Ortswechsel: Oft ist es das Wirksamste, schlichtweg woanders und damit nicht greifbar zu sein. Das kann im Home-Office, im Co-Working-Space oder im Besprechungsraum sein.

Je geringer die Erreichbarkeit, desto besser muss das System sein!

Angenommen, es gelingt (beispielsweise durch die beiden Quickwins) zukünftig besser, Unterbrechungen zu reduzieren und häufiger hochproduktiv in der geblockten Zeit zu sein: Die Sorge, die dann oft – berechtigterweise – mitschwingt, ist: Steigt dann nicht der Unmut? Hagelt vielleicht sogar Beschwerden? Dies gilt es zu vermeiden. Sonst hat man lediglich einen Nachteil gegen einen anderen Nachteil eingetauscht. Doch wie gelingt dies? Die zentrale Erkenntnis hierzu lautet: Je geringer die Erreichbarkeit, desto besser muss das System sein!

Was ist mit Qualität des Systems gemeint?

Entscheidend ist zunächst die Feststellung, dass es für denjenigen, der ein Anliegen hat, meistens nicht um die sofortige Lösung geht, sondern vor allem um Klarheit in Bezug auf den Zeitpunkt der Lösung. Anders formuliert: Wenn jemand die Information erhält, wann das Thema gelöst wird, hört das Drängeln auf. Die Lösung muss hierbei nicht zwingend die finale Lösung des gesamten Themas sein. Dies kann sich auch schlichtweg auf den Zeitpunkt des Rückrufs, Termins oder Zwischenergebnisses beziehen.

Je geringer die Erreichbarkeit, desto besser sollte das System zur Sicherstellung dessen sein. Werden wir konkret! Dieses kann sehr unterschiedliche Formen annehmen, wie zum Beispiel:

  • Türschild: Hierauf steht nicht nur "Bitte nicht stören", sondern auch "Wieder frei ab...". Hier trägt man die Uhrzeit ein, ab der man wieder frei ist. Dadurch steht die jeweilige Person nur einmal vor der geschlossenen Tür und nicht drei Mal.
  • Kalenderfreigabe: Andere Person können die Verfügbarkeit einsehen und können somit sehen, wann sie ihr Anliegen platzieren können.
  • Tool: Man nutze ein Tool wie Microsoft Bookings oder Calendly. Hierüber kann man, eingeschränkt durch klare Regeln, auch Mandanten die Möglichkeit geben, einen Termin zu buchen. Dies kann man sich, wenn gut eingestellt, vorstellen wie eine perfekt instruierte Assistenz, die nach den eigenen Vorstellungen handelt.
  • Assistenz: Statt mehrfachen Anrufen und ggfls. mehreren Rückrufen, vereinbart die Assistenz einen Telefon- oder Video-Termin; selbstverständlich ebenfalls in einem vorher besprochenen Rahmen, also beispielsweise beschränkt auf einen bestimmten Zeitraum und eine bestimmte Anzahl am Tag.

Das Beste aus zwei Welten

Wir stellen also fest: Wenn jemand ständig für jeden über jeden Kanal erreichbar ist, leidet die Produktivität und der Stresspegel nimmt zu. Schlägt man das gegenteilige Extrem ein, hat man zwar seine Ruhe und eine hohe Produktivität, riskiert aber Nachteile in Form von Unzufriedenheit. Installiert man jedoch ein gutes System zur Vermeidung der Nachteile, hat man das Beste aus beiden Welten: Fokuszeit und eine hohe Zufriedenheit bei allen Beteiligten.

Zusatznutzen

  • Weitere Produktivitäts-Quickwins sowie die “Not-to-do-Liste” können Sie sich hier herunterladen: zachdavis.de/zv/
  • Sie wollen Ihre eigene Produktivität steigern und eine Verbesserung der Produktivität im Team realisiert sehen? Lassen Sie uns gerne in Form eines Umsetzungsgesprächs hierüber sprechen: www.simple-first.de/ugs


Zur Person:

Zach DavisZach Davis ist Experte für Kapazitätsengpässe, Zeitintelligenz und Mitarbeitergewinnung, Vortragsredner des Jahres 2011, erfolgreicher Speaker und Berater. Als Coach unterstützt er Steuerkanzleien dabei, mehr Mitarbeiter zu gewinnen, sowie produktiver und profitabler zu werden. Er ist Mitgründer und Geschäftsführer der Simple First Consulting GmbH (www.simple-first.de)