28.11.2024 | Fachartikel

Was ist besser: Handschriftliches oder notariell beurkundetes Testament?

Von RAin Susanne Christ, Fachanwältin für Steuerrecht

In der Praxis kommt immer wieder die Frage auf, was besser sei, ein notarielles oder ein handschriftliches Testament. Der Beitrag stellt die beiden Varianten gegenüber und erläutert die Vor- und Nachteile, auch unter Berücksichtigung von (erbschaft-) steuerlichen Aspekten.

(Foto: © iStock.com/simpson33)

Testamente müssen, um wirksam errichtet zu werden, entweder handschriftlich (eigenhändig) verfasst sein oder notariell beurkundet werden. In besonderen Fällen, etwa wenn jemand erblindet ist, muss das Testament, um wirksam zu sein, auf jeden Fall notariell beurkundet werden. Errichten Eheleute ein gemeinsames Testament, reicht es, dass einer der beiden es schreibt, es muss aber von beiden unterschrieben werden. Das heißt, dass in fast allen Fällen die Betreffenden die Wahl haben, ob sie ein handschriftliches oder ein notariell beurkundetes Testament errichten. Welches ist nun besser? Dies lässt sich pauschal tatsächlich nicht beantworten, denn es hängt von einer Reihe an Faktoren ab.

Kriterium Rechtssicherheit

Notarielle Testamente gelten als sicherer als handgeschriebene. Das liegt zum einen daran, dass sie leichter auffindbar sind und nicht, wie manche handgeschriebenen Testamente, einfach vernichtet werden können. Des Weiteren dürfen Notariate keine Testamente von testierunfähigen Personen beurkunden. Aus diesem Grunde wird oft eine Klausel ins Testament aufgenommen, nach der die beurkundende Notarin bzw. der beurkundende Notar sich von der Testierfähigkeit der testierenden Person(en) überzeugt hat.

Aber Achtung! Notar:innen sind keine Ärzt:innen; ihrem Urteil wird nur in begrenztem Umfang gefolgt. Wer hier auf Nummer sicher gehen will, sollte sich die Testierfähigkeit ärztlich bescheinigen lassen. Liegt diese vor, macht es in der Regel keinen Unterschied, ob es sich um ein notarielles oder eigenhändiges Testament handelt.

Praxishinweis: In der Praxis ist aber nicht einfach, Termine für eine solche Begutachtung zu bekommen. Liegt ein entsprechendes Gutachten nicht vor und sind Zweifel an der Testierfähigkeit begründet, ist es besser, ein Testament notariell beurkunden zu lassen. Das schränkt im Konfliktfall die Einwendungsmöglichkeiten ein. Denn immerhin hat das Notariat durch die Beurkundung bescheinigt, dass es selbst von der Testierfähigkeit der testierenden Person überzeugt war.

Wenn aber zu erwarten ist, dass es nach dem Erbfall nicht zu Konflikten kommen wird, sprechen diese Aspekte nicht für eine notarielle Beurkundung. Und glücklicherweise gibt es eine Reihe von Familien, in denen die Erbauseinandersetzung friedlich erfolgt.

Das Erbscheinverfahren

Eines der häufigsten Argumente, die für ein notarielles Testament sprechen sollen, ist, dass bei einem notariell beurkundeten Testament nach dem Erbfall kein Erbschein erforderlich sei. Mit einem Erbschein kann die eigene Erb:innenstellung nachgewiesen werden.

Richtig ist, dass es in der Regel für den Nachweis der Erbfolge gegenüber Banken, Versicherungen oder/und Grundbuchämtern ausreicht, eine notariell beurkundete letztwillige Verfügung von Todes wegen, anstatt eines Erbscheins vorzulegen. Dies kann die Nachlassabwicklung erleichtern.

Vermeidung eines streitigen Erbscheinverfahrens

Die Ausstellung eines Erbscheins muss beantragt werden und nimmt einige Zeit in Anspruch. Insbesondere bei streitigen Nachlässen beginnt der Streit schon im Zusammenhang mit der Ausstellung des Erbscheins. Denn vor Ausstellung des Erbscheins werden alle gesetzlichen Erben und andere Beteiligte gehört. Diese können Einwendungen erheben, sodass sich die Ausstellung des Erbscheins erheblich verzögern kann. Ist die Erbfolge durch ein notarielles Testament oder einen Erbvertrag angeordnet, wird in den allermeisten Fällen kein Erbschein benötigt. Voraussetzung ist, dass die Anordnungen im notariellen Testament oder im Erbvertrag eindeutig sind.

Ist zu erwarten, dass die Erbauseinandersetzung sehr streitig werden wird, kann einiger Streit durch ein notarielles Testament vermieden werden, da sich damit ein streitiges Erbscheinsverfahren umgehen lässt.

Umgehung eines langwierigen Verfahrens

Da die Ausstellung eines Erbscheins aufgrund der Überlastung der Nachlassgerichte sehr lange dauern kann, kann ein notarielles Testament dazu beitragen, die Erbauseinandersetzung zu beschleunigen. Dies ist insbesondere von Vorteil, wenn sich im Nachlass Immobilien befinden. Denn für die Umschreibung im Grundbuch wird grundsätzlich ein Erbschein verlangt, wenn die Erb:innenstellung nicht durch notariell beurkundete letztwillige Verfügung nachgewiesen werden kann.

Das heißt, dass die Eigentumsumschreibung bei notariellen Testamenten in der Regel unmittelbar nach Testamentseröffnung bzw. Eröffnung anderer Verfügungen von Todes wegen erfolgen kann, während bei handschriftlichen Testamenten die Ausstellung des Erbscheins abgewartet werden muss. Und das dauert, selbst wenn die Erb:innengemeinschaft sich einig ist, oft mehrere Monate.

Kosten für den Erbschein versus Kosten der notariellen Beurkundung

Für die Ausstellung des Erbscheins berechnet das Nachlassgericht Gebühren, die sich nach dem Wert des Nachlasses richten. Liegt eine notariell beurkundete letztwillige Verfügung von Todes wegen vor, können die Kosten für den Erbschein in der Regel gespart werden.

Aber hier steckt der Teufel im Detail: Während sich die Notarkosten für die Beurkundung einer letztwilligen Verfügung weder bei der Erbschaftsteuer noch bei einer anderen Steuerart absetzen lassen, werden die Kosten für die Ausstellung eines Erbscheins bei der Erbschaftsteuer als Nachlassverbindlichkeiten anerkannt. Wer also ein Testament notariell beurkunden lässt, um später die Kosten für den Erbschein einzusparen, muss beachten, dass dies erbschaftsteuerlich ungünstig sein kann. Zumindest, wenn der Nachlasswert die Freibeträge der Erbenden oder Vermächtnisnehmer:innen übersteigt.

Merke: Erbscheinkosten sind als Nachlassverbindlichkeiten abziehbar; Kosten der notariellen Beurkundung sind nicht steuerlich abziehbar.

Unterschiedliche Schuldner:innen

Allerdings treffen die Beurkundungskosten eines Testaments diejenigen, die das Testament errichten, während die Kosten für den Erbschein von den Erbenden zu tragen sind. Jedoch zeigt die Beratungspraxis, dass diesem Aspekte häufig wenig Bedeutung zugemessen wird. Entscheidend ist vielfach, insbesondere, wenn sich die Familie versteht, was "unterm Strich" günstiger ist.

Erbscheinkosten und Beurkundungskosten im Vergleich

In beiden Fällen richtet sich die Gebühr nach dem Gegenstandswert, also dem Wert des Vermögens bei einer notariellen Beurkundung und dem Nachlasswert bei einem Erbscheinverfahren.

Handelt es sich um ein Einzeltestament, sind die notariellen Gebühren in der Regel geringer als die Gebühren für den Erbschein. Bei einem gemeinschaftlichen Testament erhöhen sich die Gebühren auf fast das Doppelte für die notarielle Beurkundung. In diesem Fall sind die Kosten für den Erbschein geringer; immer vorausgesetzt, der Wert des Vermögens bei notarieller Beurkundung ist identisch mit dem Wert des Nachlasses. Dies wird aus Vereinfachungsgründen zur besseren Vergleichbarkeit hier unterstellt. In der Praxis können diese Werte allerdings erheblich voneinander abweichen, insbesondere, wenn zwischen Testamentserrichtung und Todesfall ein sehr langer Zeitraum liegt.

Wert des Vermögens/Nachlasswert

Notarielle Gebühren für Beurkundung letztwillige Verfügung von Todes wegen

(für gemeinschaftliches Testament, möglich bei Eheleuten/eingetragenen Lebenspartner:innen)

Einschließlich Auslagen und 19 % Umsatzsteuer

Gebühren für Erbschein
(Ausstellung Erbschein + eidesstattlicher Versicherung)

bei Antrag über Nachlassgericht (kann auch über Notariat beantragt werden, dann wird zusätzlich Umsatzsteuer berechnet)

500.000 EUR 1.300 EUR (2.044 EUR) 1.870 EUR )*
1.000.000 EUR 2.260 EUR (4.340 EUR) 3.470 EUR )*

)* als Nachlassverbindlichkeit abziehbar

Schon diese beiden Beispiele zeigen, dass es sich nicht pauschal sagen lässt, welche Regelung finanziell günstiger ist. Die notarielle Beurkundung eines Einzeltestaments ist günstiger als die Kosten für den Erbschein, bei einem gemeinschaftlichen Testament sind die Kosten für den Erbschein günstiger; vorausgesetzt, das Vermögen hat sich zwischen Testamentserrichtung und im Erbfall nicht verändert.

Die Kosten für den Erbschein lassen sich bei der Erbschaftsteuer als Nachlassverbindlichkeiten absetzen. Dieser Vorteil hat allerdings nur dann Bedeutung, wenn es zur Festsetzung von Erbschaftsteuer kommt.

Fazit

Wie die Ausführungen zeigen, hängt die Frage, ob es besser ist, ein Testament handschriftlich zu errichten oder es notariell beurkunden zu lassen, von einer Vielzahl von Faktoren ab. Bei der Entscheidung sollte auch berücksichtigt werden, dass bei einer notariell beurkundeten Verfügung von Todes wegen in der Regel ein Erbschein nicht erforderlich wird. Gerade bei streitigen Nachlässen oder wenn sich im Nachlass Immobilien befinden, kann dies ein großer Vorteil sein.

Befinden sich zwar Immobilien im Nachlass, über die aber nicht zügig nach dem Erbfall verfügt werden soll, ist die zeitliche Komponente kein Vorteil. Und bei Familien, die sich einig sind, würde auch die Durchführung eines etwaigen Erbscheinverfahrens keine besondere Mühe machen. In die Betrachtung einbezogen werden sollten auch die Kosten beider Verfahren und deren unterschiedliche steuerliche Behandlung.

Viel Arbeit also in der Beratung. Zu beachten ist, dass Steuerberater:innen grundsätzlich nicht zu den erbrechtlichen Unterschieden zwischen notariellen und eigenhändigen Verfügungen von Todes wegen beraten dürfen; es sei denn, die Beratung ist aus steuerlichen Gründen, etwa wegen des Abzugs der Kosten als Nachlassverbindlichkeit erforderlich. Da hier aber häufig die Tücke im Detail steckt, sollte die Beratung zur Vermeidung von Haftungsfällen nur übernommen werden, wenn ausreichende eigene Kenntnisse auch über erbrechtliche Zusammenhänge vorliegen.


Autorin:

Susanne ChristSusanne Christ ist Rechtsanwältin und Fachanwältin für Steuerrecht mit eigener Steuer-, Erb- und Wirtschaftskanzlei in Köln. Seit Juni 2023 ist sie Sprecherin des Erbrechtsausschusses beim Kölner Anwaltsverein. Daneben ist sie langjährige Fachautorin der Haufe Mediengruppe und bei STB Web sowie Dozentin in den Bereichen Einkommen-, Umsatz- und Erbschaftssteuer. Außerdem ist sie Mitautorin des Kommentars „Nachfolgebesteuerung“ (Schmid, Hrsg.), der seit 2019 im Nomos Verlag erscheint. E-Mail: s.christ@netcologne.de