30.01.2025 | Fachartikel/Kommentar

STAX 2024: Wo stehen die Kanzleien?

Von Manuel Maurer, STB Web

Die Bundessteuerberaterkammer hat die Umfrageergebnisse des STAX bekanntgegeben, das einen möglichst umfassenden Überblick über den steuerberatenden Berufsstand geben soll: Wie steht's um die wirtschaftliche Entwicklung der Kanzleien? Wie setzt sich der Umsatz zusammen? Wie ist der Stand der Digitalisierung? Wir haben uns die aktuellen Ergebnisse angeschaut.

(Foto: © iStock.com/boggy22)

Mit der Befragung wurde das Institut für Demoskopie Allensbach GmbH beauftragt. Der Bezugszeitraum für die Angaben der Befragten war das Jahr 2023. 5.815 Berufsangehörige nahmen an der Online-Umfrage teil – das entspricht einer Rücklaufquote von 25,1 Prozent. Die Ergebnisse sind laut der BStBK repräsentativ.

Demnach ist die deutliche Mehrheit der Steuerberaterschaft zunächst einmal zufrieden mit ihrem Beruf und blickt optimistisch in die Zukunft, wenngleich die Zufriedenheit seit 2018 zurückgegangen ist. "Sehr zufrieden" sind aktuell nur noch 20 Prozent (2018: 40,5 Prozent). Dennoch werden die Zukunftsaussichten von über 70 Prozent auf absehbare Zeit als sehr gut eingeschätzt.

Bei der Befragung stellte die BStBK außerdem die beiden Schwerpunktthemen Digitalisierung und Fachkräftemangel inhaltlich in den Mittelpunkt. Während die Digitalisierung in der Steuerberatung Fortschritte macht, verschärft sich der Fachkräftemangel. Insgesamt konnten die Befragten nur rund 40 Prozent aller offenen Stellen in Einzelkanzleien und knapp 70 Prozent aller offenen Stellen in Berufsausübungsgesellschaften besetzen. Häufig scheiterte die Besetzung an fehlenden Bewerbungen beziehungsweise an der fehlenden Eignung der Bewerbenden.

Ausgewählte Ergebnisse

Trotz der allgemein wahrnehmbaren Tendenz zur Konzentration führen 39,7 Prozent der Steuerberaterschaft immer noch selbstständig eine Einzelkanzlei, 32,2 Prozent sind Partner oder Gesellschafter einer Berufsausübungsgesellschaft. 27,1 Prozent sind angestellt und 1 Prozent arbeitet in freier Mitarbeiterschaft.

Die durchschnittliche Zahl der Beschäftigten beträgt in Einzelkanzleien 4,5 (2012: 4,8 / 2018: 3,8) und in Berufsausübungsgesellschaften 32,8 (2012: 22,9 / 2018: 22,6). Letztere verzeichnen also ein auffälliges Wachstum. Dies zeigt sich auch bei der Umsatzentwicklung: Berufsausübungsgesellschaften erwirtschafteten 2023 im Mittel einen Umsatz von 1.265.000 Euro und damit einen deutlich höheren Umsatz als 2018 (922.000 Euro). Die Einzelkanzleien erzielten mit 305.000 ebenfalls einen Anstieg gegenüber 2018 (257.000).

Wachstum bei Berufsausübungsgesellschaften

Stärker zulegen konnten die Einzelkanzleien – trotz gestiegener Kosten – beim Gewinn. Dieser lag 2023 im Mittel bei rund 125.000 Euro (2018: 68.000 Euro). Bei den Berufsausübungsgesellschaften waren es 415.000 Euro und damit deutlich mehr als 2018 (110.000 Euro).

Der Gesamtkostenanteil am Umsatz beläuft sich mittlerweile auf 70,2 Prozent (2018: 66 Prozent), gestiegen sind insbesondere die Personalkosten von 37 Prozent 2018 auf nunmehr 43,8 Prozent. Hier eingeschlossen sind allerdings auch Vorstands- und Geschäftsführergehälter der Gesellschaften.

Mehr Einkommensteuererklärungen in Einzelkanzleien

Interessant ist auch die Umsatzzusammensetzung. Bei den Einzelkanzleien haben Einkommensteuererklärungen deutlich an Bedeutung gewonnen: Sie machen 29,3 Prozent aus (2018: 19,8 Prozent).

Der Umsatzanteil der Buchführung ist von 25,9 Prozent im Jahr 2018 auf 21,4 Prozent zurückgegangen, bei den Jahresabschlüssen von 28,4 Prozent im Jahr 2018 auf nun 24,8 Prozent.

Bei den Berufsausübungsgesellschaften sind jeweils nur geringfügige Änderungen festzustellen, bei den Jahresabschlüssen von 31,2 Prozent im Jahr 2018 auf 28,1 Prozent.

Bei den Abrechnungsarten fällt auf, dass die Abrechnung nach Vergütungsvereinbarung (§ 4 StBVV) deutlich zugenommen hat, nämlich auf 32,4 Prozent. 2018 waren dies noch gerade mal 13,5 Prozent.

Sonderauswertung zur Digitalisierung

Schaut man auf die Sonderauswertung zur Digitalisierung, fallen folgende Besonderheiten auf:

Der Aussage, dass Steuerberater ihre Prozesse digitalisieren müssen, um in Zukunft bestehen zu können, stimmen tatsächlich nur 68,8 Prozent der Befragten in Einzelkanzleien zu (Berufsausübungsgesellschaften: 88,8 Prozent). Dass die KI den Beruf stark verändern wird, glauben 63 Prozent (Berufsausübungsgesellschaften: 77,2 Prozent). Dass deklaratorische Aufgaben wie die Abgabe einer Steuererklärung in Zukunft vollständig oder fast vollständig von KI-Programmen übernommen werden könnten, können sich nur 23 Prozent vorstellen (Berufsausübungsgesellschaften: 33,1 Prozent). Diese Angabe ist insofern bemerkenswert, als – wie bereits erwähnt – die Einkommensteuererklärung in den Einzelkanzleien ein zunehmend wichtiges Geschäftsfeld darstellt.

Verhaltene Erwartungen an KI

Noch weniger Steuerberater, nämlich 16,6 Prozent, glauben, dass viele Beratungsaufgaben zukünftig von KI-Chatbots übernommen werden können (Berufsausübungsgesellschaften: 22 Prozent).

Die Entwicklung wird weiterhin zu beobachten sein. Wie in vielen anderen Bereichen erscheint eine sich sinnvoll ergänzende Kombination aus persönlicher Beratungsleistung und unterstützender KI-Technologie sowohl wahrscheinlich als auch wünschenswert. Diese könnte eine effiziente Entlastung ermöglichen und mehr Zeit für wertschöpfende Beratungen schaffen.

Gefragt nach den Chancen der Digitalisierung von Geschäftsprozessen liegen der effizientere Datenaustausch mit externen Partnern und die höhere Effizienz in der Abwicklung interner Geschäftsprozesse vorn. Unter den Einzelkanzleien stimmen hier jeweils über 60 Prozent zu, bei den Berufsausübungsgesellschaften allerdings deutlich über 80 Prozent. Auch der ortsunabhängige Zugriff auf Daten und die Ermöglichung von Homeoffice werden gesehen, wobei auch hier in den Berufsausübungsgesellschaften deutlich höhere Zustimmung besteht.

Eine höhere Attraktivität als Arbeitgeber durch Digitalisierung sehen lediglich 25,7 Prozent bei den Einzelkanzleien und mehr als doppelt so viele Befragten (57,5 Prozent) bei den Berufsausübungsgesellschaften. Dieses Ergebnis ist – besonders bei den Einzelkanzleien – vor dem Hintergrund des verschärften Fachkräftemangels erstaunlich.

Digitalisierungsgrad in Berufsausübungsgesellschaften deutlich höher

Ebenfalls auffällig: 17,2 Prozent der Befragten in den Einzelkanzleien sehen in der Digitalisierung "keine besonderen Chancen für die Kanzlei". Das glaubt in den Berufsausübungsgesellschaften kaum noch jemand, nämlich 2,1 Prozent.

Schaut man auf die konkrete Nutzung bestimmter digitaler Technologien, zeichnen sich ähnliche Unterschiede ab. Interessanterweise machen offenbar nur 54,8 Prozent in den Einzelkanzleien digitale Buchführung nach digitalen Belegen (Berufsausübungsgesellschaften: 92,6 Prozent). Ähnlich der digitale Belegaustausch im Bereich Lohn/Personal: 36,5 Prozent Einzelkanzleien / 74,2 Prozent Berufsausübungsgesellschaften.

Eine starke Abweichung gibt es außerdem bei der Nutzung digitaler Schnittstellen zu Mandantensoftware wie Warenwirtschaftssysteme: In nur 37,6 Prozent der Einzelkanzleien werden diese eingesetzt versus 75 Prozent in den Berufsausübungsgesellschaften.

Fazit: Die Digitalisierung macht Fortschritte

Bei der Digitalisierung gibt es besonders bei den Einzelkanzleien zwar noch Luft nach oben, doch tatsächlich ist hier auch vieles geplant, auch das geht aus der Sonderauswertung hervor. Es ist also davon auszugehen, dass die Einzelkanzleien in den nächsten Jahren zu den Berufsausübungsgesellschaften aufschließen werden.

Dennoch gibt es nach wie vor einige Hürden, allen voran der hohe organisatorische Aufwand sowie fehlende Zeit und Motivation, sich mit dem Thema zu beschäftigen. Vielleicht trägt auch das eher hohe Durchschnittsalter des Berufsstands – laut Berufsstatistik 2023 53,6 (Frauen: 50,5 / Männer: 55,6) – zu manch statistisch festzustellender Zurückhaltung bei. Denn das Alter spielt laut der Sonderauswertung klar eine Rolle: je jünger, desto digitaler.

Fakt ist – auch das zeigen die Ergebnisse: Je höher der Digitalisierungsgrad der Kanzlei, desto positiver die Umsatzentwicklung. Auch angesichts der Herausforderungen der Nachfolge und der Fachkräftesicherung dürfte die Digitalisierung zunehmend zu einem wichtigen Faktor für die Zukunftsfähigkeit einer Kanzlei werden und ihre Attraktivität und ihren Wert steigern.

Die Sonderauswertungen zur Digitalisierung und zum Fachkräftemangel in der Steuerberatung sowie ausgewählte STAX-Ergebnisse sind unter www.bstbk.de verfügbar.


Zur Person:

Manuel Maurer Manuel Maurer ist Herausgeber und Chefredakteur von STB Web, Online-Fachmagazin für Steuerberater (www.stb-web.de). Kontakt auf LinkedIn