27.02.2025 | Fachartikel/Urteilsbesprechung

Schenkungsteuer bei Schenkung mit Vollzugshemmung

Von RAin Susanne Christ, Fachanwältin für Steuerrecht

In der Beratung stellt sich häufig die Frage, wann eine Schenkung ausgeführt wurde. Insbesondere, wenn es um Regelungen der vorweggenommenen Erbfolge geht und sukzessive größere Vermögenswerte auf die nachfolgende Generation übertragen werden sollen, kommt dem Zeitpunkt der Ausführung einer Schenkung große Bedeutung zu. Denn sie ist maßgebend bei der Berechnung der 10-Jahres-Frist.

(Foto: © iStock.com/djedzura)

Schenkungsteuer entsteht grundsätzlich mit der Ausführung der Schenkung nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG. Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung ist die Schenkung einer Immobilie bereits ausgeführt, wenn eine Einigung über den Eigentumswechsel (Auflassung) getroffen wurde und die schenkende Person die Eintragung der beschenkten Person ins Grundbuch bewilligt hat. Auf den Zeitpunkt der Eintragung im Grundbuch kommt es nicht an.

Vollzugshemmung – was ist das?

Etwas anderes kann aber gelten, wenn zwar die Umschreibung im Grundbuch von den Parteien bewilligt wurde, das Notariat aber angewiesen ist, die Umschreibung erst bei der Erfüllung bestimmter Voraussetzungen beim Grundbuchamt zu beantragen (sogenannte Vollzugshemmung). Der BFH hat Ende letzten Jahres in einer interessanten Entscheidung zu den Voraussetzungen einer solchen Vollzugshemmung und den steuerlichen Folgen Stellung genommen.

Im konkreten Fall ging es um die Frage, ob die Schenkung mit Abschluss des Schenkungsvertrags ausgeführt worden war, wie das Finanzamt annahm, oder gar nicht, weil die Schenkerin kurze Zeit später verstarb.

Hintergrund war, dass für die Schenkung ein Geldbetrag als Gegenleistung zu zahlen war, sodass es sich um eine sogenannte gemischte Schenkung handelte, und der Notar angewiesen worden war, von der bereits erklärten Bewilligung der Eigentumsumschreibung im Grundbuch als Voraussetzung für den Eigentumswechsel erst Gebrauch zu machen, wenn der Kaufpreis auf sein Anderkonto eingegangen ist. Hinzu kam, dass die Beschenkte dann zudem Erbin der Schenkerin wurde.

Wann ist der Zeitpunkt der Ausführung der Schenkung?

Das Finanzamt stellte sich auf den Standpunkt, dass es im Zeitpunkt der Beurkundung des Schenkungsvertrags bereits zur Ausführung der Schenkung gekommen sei und setzte dementsprechend Schenkungsteuer fest.

Nach Auffassung des BFH liegt hier jedoch eine Vollzugshemmung vor, sodass die Schenkung bis zur Kaufpreiszahlung noch nicht vollzogen war. Die Beschenkte hatte es erst mit Zahlung des Kaufpreises in der Hand, den Eigentumswechsel herbeizuführen. Vorher konnte sie das Vorliegen einer Auflassung nicht nachweisen und war somit auch nicht in der Lage, die Umschreibung im Grundbuch bei einem anderen Notariat zu beantragen.

Im Streitfall konnte der BFH zwar erkennen, dass die Kaufpreissumme nicht im Zeitpunkt der Beurkundung des Schenkungsvertrages gezahlt worden; allerdings fehlten ihm weitere Einzelheiten, die er zur Klärung an das Finanzgericht zurückverwies.

Praktische Folgen einer Vollzugshemmung

Anders als in Erbfällen lässt sich in Schenkungsfällen der Besteuerungszeitpunkt von den Beteiligten vorab besser bestimmen. Denn hier haben es die Beteiligten in der Hand, durch vertragliche Vereinbarungen festzulegen, wann eine Schenkung vollzogen wird.

Bedeutsam ist der Zeitpunkt einerseits für die Frage, wie im vorliegenden Fall, ob überhaupt Schenkungssteuer entstanden ist oder mangels Ausführung einer Schenkung auch keine Schenkungsteuer erhoben werden darf. Da die Beschenkte außerdem auch Erbin der Schenkerin wurde, stellt sich zudem die Frage, ob stattdessen Erbschaftsteuer auf den Erwerb der gesamten Immobilie (ohne Abzug von Gegenleistungen) zu leisten ist.

Berechnung der Vorerwerbsfrist

Während es im Streitfall um die Frage ging, ob überhaupt einer Schenkung stattgefunden hat, stellt sich in der Beratung häufig die Frage, wann eine Schenkung ausgeführt wurde. Insbesondere, wenn es um Regelungen der vorweggenommenen Erbfolge geht und sukzessive größere Vermögenswerte auf die nachfolgende Generation übertragen werden sollen, kommt dem Zeitpunkt der Ausführung einer Schenkung große Bedeutung zu. Denn sie ist maßgebend bei der Berechnung der 10-Jahres-Frist für die Berücksichtigung früherer Erwerbe nach § 14 ErbStG.

Der BFH hat klargestellt, dass das Vorliegen einer Vollzugshemmung, mit der der Ausführungszeitpunkt einer Schenkung zeitlich nach hinten verschoben wird, eine Frage der Vertragsauslegung ist. Wie das Finanzamt beziehungsweise die Finanzgerichte einen Vertrag auslegen, ist immer etwas unwägbar. Deshalb sollte in Fällen, in denen eine mögliche Vollzugshemmung in einen Vertrag aufgenommen wird, diese Unwägbarkeit auch berücksichtigt werden, wenn es um die Berechnung der 10-Jahres-Frist geht.

Ist es aber im Beratungsfall zwingend erforderlich, den genauen Zeitpunkt der Ausführung einer Schenkung festzulegen, sollte eine Schenkung ohne jegliche Einschränkung erklärt werden. Ist das dennoch nicht gewollt, sollte vor Abschluss des Schenkungsvertrags bei der Finanzverwaltung eine verbindliche Auskunft nach § 89 Abs. 2 AO zu der Frage des Ausführungszeitpunkts der Schenkung eingeholt werden. Diese ist kostenpflichtig und muss vor(!) Verwirklichung des Sachverhaltes beantragt werden.

Fazit:

Der Zeitpunkt der Ausführung einer Schenkung ist zentral für die Entstehung von Schenkungssteuer. Auch wenn bei Schenkungen, anderes als in Erbfällen, der Zeitpunkt sehr viel besser beeinflusst werden kann, kann es auch in Schenkungsfällen Unwägbarkeiten geben. Insbesondere, wenn die Erfüllung des Schenkungsversprechens von weiteren Voraussetzungen abhängig gemacht wird, gibt es Unsicherheiten bei der Bestimmung des Ausführungszeitpunktes.

Denn wie der BFH in seiner aktuellen Entscheidung betont hat, hängt die Frage, ob sich die Ausführung der Schenkung zeitlich nach hinten verschiebt, von der Auslegung des Schenkungsvertrages ab. In der Praxis hat die Frage der Ausführung der Schenkung vor allem Bedeutung für die Berechnung der 10-Jahres-Frist nach § 14 ErbStG bei Vorerwerben.

Der BFH bleibt aber bei seiner ständigen Rechtsprechung, dass bei Grundstücksschenkungen nicht die Eintragung im Grundbuch, sondern der Zeitpunkt der Auflassung (Einigung über den Eigentumswechsel) und Bewilligung des Antrags auf Umschreibung im Grundbuch maßgebend sind. In der Regel sind diese Elemente im notariell beurkundeten Schenkungsvertrag enthalten. Nur wenn es von diesem Regelfall Abweichungen gibt, besteht der Anlass, den Zeitpunkt der Vollziehung der Grundstücksschenkung genauer zu prüfen.


Autorin:

Susanne ChristSusanne Christ ist Rechtsanwältin und Fachanwältin für Steuerrecht mit eigener Steuer-, Erb- und Wirtschaftskanzlei in Köln. Seit Juni 2023 ist sie Sprecherin des Erbrechtsausschusses beim Kölner Anwaltsverein. Daneben ist sie langjährige Fachautorin der Haufe Mediengruppe und bei STB Web sowie Dozentin in den Bereichen Einkommen-, Umsatz- und Erbschaftssteuer. Außerdem ist sie Mitautorin des Kommentars „Nachfolgebesteuerung“ (Schmid, Hrsg.), der seit 2019 im Nomos Verlag erscheint. E-Mail: s.christ@netcologne.de