27.03.2025 | Überbrückungshilfen

Strafbarkeit wegen Subventionsbetrugs – Risiken für Steuerberater

Wolters Kluwer Tax & Accounting

Von RA Dennis Hillemann und RAin Tanja Ehls, ADVANT Beiten

Die strafrechtlichen Risiken im Zusammenhang mit Corona-Hilfen sind für Steuerberater erheblich und werden durch die zunehmenden Prüfungen im Rahmen der Schlussabrechnungen weiter verschärft. Dazu trägt auch das Jahressteuergesetz 2024 bei. Der Beitrag gibt einen Überblick über das Thema Subventionsbetrug, welche Risiken Steuerberater haben und wie sie diese minimieren können.

(Foto: © iStock.com/Dacharlie)

Die während der Corona-Pandemie gewährten Überbrückungshilfen stellten für viele Unternehmen und Selbständige eine existenzielle Unterstützung dar. Bund und Länder haben insgesamt über 71 Milliarden Euro an Hilfsgeldern ausgezahlt, wobei allein die Corona-Überbrückungshilfeprogramme des Bundes rund 50 Milliarden Euro umfasste. Fast fünf Millionen Anträge wurden im Rahmen dieser Programme gestellt.

Um in der Krisensituation schnell reagieren zu können, verzichteten die Behörden anfänglich auf bürokratische Hürden im Antragsverfahren. Diese unbürokratische und massenhafte Auszahlung der Gelder hat jedoch zahlreiche Missbrauchsfälle begünstigt, die inzwischen bundesweit die Justiz beschäftigen.

Bundesweite Ermittlungen und strafrechtliche Konsequenzen

Bis Ende 2023 wurden deutschlandweit mehr als 30.000 Ermittlungsverfahren wegen Subventionsbetrugs eingeleitet. Bei vielen Staatsanwaltschaften wurden dafür Sonderzuständigkeiten geschaffen.

Die strafrechtliche Bewertung von Falschangaben in den Anträgen auf Corona-Hilfen wird konsequent verfolgt und kann zu erheblichen Strafen führen. So bestätigte der Bundesgerichtshof (BGH) in einem Fall von Subventionsbetrug, bei dem unter anderem sieben Anträge für nichtexistierende Gewerbe unter falschen Personalien gestellt wurden, eine Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten (BGH, Beschluss vom 4.5.2021, 6 StR 137/21).

Der Straftatbestand des Subventionsbetrugs (§ 264 StGB)

Der Subventionsbetrug nach § 264 StGB weist im Vergleich zum regulären Betrug (§ 263 StGB) einige Besonderheiten auf, die für Steuerberater von erheblicher Bedeutung sind:

1. Subventionsbegriff

Mittlerweile ist höchstrichterlich geklärt, dass Corona-Hilfen als Subventionen im Sinne des § 264 StGB einzustufen sind.

2. Tatbestandsmerkmale

Ein Subventionsbetrug liegt vor, wenn:

  • unrichtige oder unvollständige Angaben über subventionserhebliche Tatsachen gemacht werden;
  • subventionserhebliche Tatsachen verschwiegen werden;
  • vorgeschriebene Nachweise über subventionserhebliche Tatsachen in unrichtiger Form gebraucht werden;
  • eine Subvention ihrem Zweck entgegen verwendet wird.

3. Geringere Anforderungen an Vorsatz

Im Gegensatz zum regulären Betrug reicht beim Subventionsbetrug bereits die leichtfertige (grob fahrlässige) Begehung für eine Strafbarkeit aus. Diese wird mit Freiheitsstrafen von bis zu drei Jahren oder Geldstrafe geahndet.

4. Strafmaß

  • Vorsätzlicher Subventionsbetrug: Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe
  • Besonders schwere Fälle: Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren

5. Vollendung bereits bei Antragstellung

Anders als beim regulären Betrug ist eine tatsächliche Auszahlung nicht erforderlich. Die Strafbarkeit liegt bereits vor, wenn falsche Angaben im Antrag gemacht wurden (also auch in der Schlussabrechnung, die Nachzahlungen fordert) – selbst wenn der Antrag später geändert oder zurückgenommen wurde oder die Auszahlung verweigert wurde.

Strafbarkeitsrisiken für Steuerberater

Steuerberater waren und sind bei den Corona-Hilfen als sogenannte "prüfende Dritte" in das Verfahren eingebunden und mussten die Anträge ihrer Mandanten prüfen und einreichen. Hieraus ergeben sich spezifische Strafbarkeitsrisiken:

1. Beihilfe zum Subventionsbetrug

Steuerberater können sich der Beihilfe zum Subventionsbetrug strafbar machen, wenn sie:

  • wissentlich unrichtige oder unvollständige Angaben ihres Mandanten übernehmen;
  • trotz erkennbarer Unstimmigkeiten keine weiteren Nachfragen stellen;
  • bei der Schlussabrechnung Diskrepanzen zum ursprünglichen Antrag verschleiern.

2. Mittelbare Täterschaft

In seltenen Fällen kann auch eine Strafbarkeit als mittelbarer Täter in Betracht kommen, wenn der Steuerberater den Mandanten als "Werkzeug" benutzt, indem er beispielsweise falsche Berechnungsgrundlagen erstellt oder unrichtige Informationen zur Antragstellung vermittelt.

3. Leichtfertige Begehung

Besonders problematisch für Steuerberater ist, dass bereits die leichtfertige Begehung des Subventionsbetrugs strafbar ist. Dies bedeutet, dass eine besonders schwere Form der Fahrlässigkeit ausreicht. Steuerberater könnten sich strafbar machen, wenn sie ihre beruflichen Sorgfaltspflichten in grober Weise verletzen, indem sie beispielsweise:

  • offensichtlich unplausible Angaben ihrer Mandanten ungeprüft übernehmen;
  • keine angemessene Dokumentation der vom Mandanten erhaltenen Informationen vornehmen;
  • ihrer Prüfpflicht als "prüfender Dritter" nicht ausreichend nachkommen.

Besonders häufig geschieht dies in der Praxis, wenn die Steuerberater Angaben "ins Blaue hinein" machen, im Vertrauen darauf, der Mandant habe nicht gelogen und/oder "es werde schon gut gehen". Wir können immer wieder nur dringend davon abraten.

Verschärfte Risiken durch das Jahressteuergesetz 2024

Mit dem Jahressteuergesetz 2024 wurde § 31a AO geändert. Dadurch dürfen Bewilligungsstellen nun Daten der Finanzverwaltung unter Durchbrechung des Steuergeheimnisses (§ 30 AO) zur Verwendung im Strafverfahren weitergeben, ohne dass es eines gesonderten Antrags der Ermittlungsbehörden auf Herausgabe der Steuerakten bedarf.

Dies führt zu einem engeren Abgleich der Daten zwischen Bewilligungsstellen und Finanzverwaltung. Abweichungen zwischen den Daten der Steuererklärung und der Schlussabrechnung für die Corona-Hilfen werden schneller erkannt und führen häufiger zu Strafanzeigen der Bewilligungsstellen.

Maßnahmen zur Vermeidung einer Strafbarkeit für Steuerberater

Um das Risiko einer Strafbarkeit zu minimieren, sollten Steuerberater folgende Vorsichtsmaßnahmen beachten:

1. Sorgfältige Prüfung und Dokumentation

  • Umfassende Prüfung der vom Mandanten bereitgestellten Informationen, insbesondere bei kritischen Nachfragen der Bewilligungsstellen zu hohen Rechnungen (weisen die Rechnungen Auffälligkeiten auf?).
  • Aufbewahrung aller relevanten Unterlagen und Nachweise.
  • Anfertigen von kurzen Gesprächsnotizen zu Besprechungen mit Mandanten zu kritischen Punkten/Nachfragen.

2. Klare Kommunikation mit dem Mandanten

  • Schriftliche Aufklärung des Mandanten über die strafrechtlichen Risiken falscher Angaben.
  • Einholung einer schriftlichen Bestätigung des Mandanten zur Richtigkeit und Vollständigkeit der gemachten Angaben.
  • Transparente Kommunikation über die eigene Rolle als prüfender Dritter.

3. Kritische Hinterfragung bei Auffälligkeiten

  • Bei Unstimmigkeiten oder Unplausibilitäten: konsequente Nachfrage beim Mandanten.
  • Bei Zweifeln: Vorlage weiterer Nachweise verlangen.
  • Im Zweifelsfall: Jedenfalls die Bewilligungsstelle darauf hinweisen, dass der prüfende Dritte die Angaben nicht plausibilisieren konnte.

Verhalten bei eingeleiteten Ermittlungsverfahren

Sollten bereits Ermittlungen gegen einen Steuerberater oder dessen Mandanten eingeleitet worden sein, sind folgende Maßnahmen dringend zu empfehlen:

1. Sofortige Einschaltung eines Rechtsanwalts

  • Bei ersten Anzeichen für Ermittlungen unverzüglich strafrechtliche Expertise einholen. Da es für die strafrechtliche Bewertung aber auch auf die fördermittelrechtliche Bewertung ankommt, sind Kanzleien zu empfehlen, bei denen Verwaltungsrechtler und Strafrechtler zusammenarbeiten.
  • Keine Aussagen ohne anwaltliche Beratung tätigen.
  • Keine Unterlagen ohne rechtliche Prüfung herausgeben.

2. Umfassende Bestandsaufnahme

  • Sämtliche Unterlagen zum Fall zusammenstellen und sichern.
  • Interne Dokumentation der Beratungs- und Prüfungsschritte sammeln.
  • Kommunikation mit dem Mandanten rekonstruieren.

3. Koordinierte Vorgehensweise

  • Enge Abstimmung zwischen Steuerberater und Rechtsanwalt.
  • Bei Verfahren gegen den Mandanten: klare Abgrenzung der eigenen Position.
  • Verwaltungs- und strafrechtliche Aspekte verzahnt betrachten.

Fazit und Ausblick

Die strafrechtlichen Risiken im Zusammenhang mit Corona-Hilfen sind für Steuerberater erheblich und werden durch die zunehmenden Prüfungen im Rahmen der Schlussabrechnungen weiter verschärft. Die besondere Konstellation aus vereinfachten Antragsverfahren, weitreichenden Prüfpflichten und dem strengen Straftatbestand des Subventionsbetrugs erfordert höchste Sorgfalt.

Steuerberater sollten sich bewusst sein, dass ihnen nicht nur berufsrechtliche Konsequenzen drohen können, sondern auch strafrechtliche Verfolgung mit empfindlichen Strafen. Eine gewissenhafte Dokumentation, kritische Prüfung und im Zweifelsfall die frühzeitige Einbindung strafrechtlicher Expertise sind daher unverzichtbar.

Bei Anzeichen für Ermittlungen gegen den Mandanten oder den Steuerberater selbst ist umgehend ein spezialisierter Rechtsanwalt einzuschalten, um die Verteidigungsstrategie frühzeitig und sachgerecht zu koordinieren.

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Über die Autor*innen:

RA Dennis Hillemann RAin Tanja Ehls Dennis Hillemann ist Fachanwalt für Verwaltungsrecht und Partner im Verwaltungsrecht (vor allem Verwaltungsprozessrecht) im Hamburger Büro von ADVANT Beiten (www.advant-beiten.com). Tanja Ehls ist ebenso Partnerin der Kanzlei und arbeitet als Rechtsanwältin im Fördermittelrecht und Verwaltungsprozessrecht im Frankfurter Büro von ADVANT Beiten. Sie beraten gemeinsam Unternehmen und deren Steuerberater*innen bundesweit zu Corona-Überbrückungshilfen, kennen die Praxis der Bewilligungsstellen und vertreten in zahlreichen Widerspruchs- und Klageverfahren. Zudem erstellen Sie Gutachten und begleiten die Schlussabrechnungen.