27.03.2025 | Kanzleimanagement

Lohnt sich die Einführung eines Mandantenportals? Spoiler: wahrscheinlich

Von StB Florian Lang, livestep

Die Digitalisierung fährt wie ein Schnellzug durch die Steuerwelt – und trotzdem sieht der Alltag in vielen Kanzleien noch aus wie vor 15 Jahren: Der Mandant lädt Belege unvollständig hoch (wenn's gut läuft), schickt sie per E-Mail (wenn's weniger gut läuft) oder lässt sie komplett unter den Tisch fallen (wenn's richtig schlecht läuft). Die Frage, die mir immer wieder begegnet: Lohnt sich die Einführung eines Mandantenportals wirklich?

Florian Lang
Foto: StB Florian Lang

Die kurze Antwort: Ja, wahrscheinlich! Die etwas längere Antwort: Es könnte der Unterschied zwischen einer Kanzlei sein, in der Mitarbeiter im Dokumentenchaos versinken, und einer, in der Freitagmittag tatsächlich Wochenende beginnt.

Aber lassen Sie uns ehrlich sein: Die großen Standardlösungen der Kanzleisoftware-Anbieter sind zwar funktional, aber für manche Mandanten so intuitiv wie ein Ikea-Regal ohne Anleitung. Die Folge kennen Sie: Die schicken Tools verstauben digital, während der E-Mail-Eingang überquillt.

Hier kommen die alternativen Mandantenportale von Drittanbietern ins Spiel. Lösungen wie Kanzleiland, Kanzleidrive oder Taxflow setzen auf das, was im 21. Jahrhundert eigentlich selbstverständlich sein sollte: Benutzerfreundlichkeit. Und sie lassen sich nahtlos in die DATEV-Welt integrieren.

Der Status quo: Belegbeschaffung als Detektivspiel

Hand aufs Herz: Wie sieht der Belegaustausch in Ihrer Kanzlei aktuell aus?

  • Der Kommunikations-Marathon: "Sehr geehrter Herr Meyer, ich erinnere nochmals an die fehlenden Quittungen für Februar..." – Kommt Ihnen bekannt vor? Diese E-Mails fressen Zeit, Nerven und führen selten zum sofortigen Erfolg.

  • Die Übermittlungs-Lotterie: Der eine schickt Fotos per WhatsApp, die nächste bringt einen Schuhkarton voller Belege, und ein Dritter mailt PDF-Dateien mit kryptischen Namen wie "Scan_0815.pdf". Da braucht es schon detektivisches Gespür, um alles richtig zuzuordnen.

  • Die manuelle Datenübertragung: Was digital ankommt, muss noch zu oft händisch weiterverarbeitet werden. Diese digitale Einbahnstraße ist ungefähr so zeitgemäß wie die Diskette – und mindestens genauso effizient.

Die Folgen liegen auf der Hand: Stress, Fehlerquellen und die unterschwellige Frustration aller Beteiligten. Kein Wunder, dass die Stimmung in manchen Kanzleien kurz vor den Deadlines an einen Druckkochtopf erinnert.

Warum ein Mandantenportal Ihr Retter in der Not sein könnte

Stellen Sie sich vor, die Zusammenarbeit mit dem Mandanten läuft plötzlich dank eines Mandantenportals mit zeitgemäßen Automatisierungs- und KI-Funktionen ganz von selbst.

1. Zeit ist Geld – und beides sparen Sie

Mit einem Mandantenportal automatisieren Sie Prozesse, die bisher manuell abliefen. Das System erinnert selbstständig an fehlende Belege, sortiert Dokumente vor und reduziert den E-Mail-Verkehr drastisch. Ihre Mitarbeiter können sich wieder auf das konzentrieren, wofür sie ausgebildet wurden: qualifizierte Steuerberatung statt digitale Zettelwirtschaft.

2. Ihre Mandanten werden Sie lieben (oder zumindest sehr schätzen)

Ein modernes Portal macht es Ihren Mandanten so einfach wie möglich. Belege per Smartphone fotografieren und hochladen? Check. Auf einen Blick sehen, welche Unterlagen noch fehlen? Check. Kommunikation an einem Ort statt verstreut über E-Mails, Anrufe und persönliche Gespräche? Check, check, check.

Diese Benutzerfreundlichkeit ist nicht nur nett – sie ist der Schlüssel zur Akzeptanz. Denn ein Portal, das niemand nutzt, ist wie ein Ferrari ohne Zündschlüssel: beeindruckend, aber nutzlos.

3. Ihre Kanzlei wird zum digitalen Vorreiter

Mit einem durchdachten Mandantenportal positionieren Sie sich als moderne, zukunftsorientierte Kanzlei. Das ist nicht nur ein Marketing-Argument, sondern auch ein wichtiger Faktor bei der Mitarbeitergewinnung. Denn seien wir ehrlich: Welcher talentierte Berufseinsteiger möchte in einer Kanzlei arbeiten, in der Prozesse wie in den 90er Jahren ablaufen?

Der 30-Prozent-Zeitersparnis-Tipp: Ein Praxisbeispiel

Lassen Sie uns konkret werden. Stellen Sie sich folgenden Alltagsfall vor:

Maria, Ihre Buchhalterin, bucht einen Geschäftsvorfall, stellt aber fest, dass ein wichtiger Beleg fehlt. Ohne Portal: Maria schreibt eine E-Mail, erhält keine Antwort, schreibt nochmal, ruft an, hinterlässt eine Nachricht... Sie kennen das Spiel.

Mit einem modernen Mandantenportal: Maria bucht den Posten auf ein Klärungskonto, das System erkennt das und sendet automatisch eine Beleganforderung an den Mandanten. Dieser erhält eine Benachrichtigung auf seinem Smartphone, kann den Beleg direkt fotografieren und hochladen. Maria wird informiert, der Beleg erscheint automatisch in DATEV, und sie kann den Fall abschließen.

Das Ergebnis? Erfahrungswerte zeigen eine Zeitersparnis von etwa 30 Prozent in der Buchhaltung. Das ist fast ein Drittel mehr Zeit, die für wertschöpfende Tätigkeiten zur Verfügung steht – oder für den pünktlichen Feierabend.

Nahtlose Integration – kein digitaler Bruch

Der große Vorteil moderner Portallösungen: Sie funktionieren nicht isoliert, sondern integrieren sich in Ihre bestehende DATEV-Infrastruktur. Das bedeutet:

  • Belege, die im Portal landen, erscheinen automatisch in DATEV Unternehmen Online oder im DMS.

  • Fristen und Aufgaben synchronisieren sich mit Ihrem Kanzlei-Workflow.

  • Statusänderungen sind in Echtzeit sichtbar – ohne zwischen Programmen hin- und herzuwechseln.

Sie behalten Ihre gewohnten DATEV-Prozesse bei, ergänzen sie aber um eine benutzerfreundliche Schnittstelle zum Mandanten. Das ist keine Revolution, sondern eine sinnvolle Evolution Ihrer Kanzlei.

Die Wahrheit über die Einführung – ja, es gibt Hürden

Natürlich muss ich auch die Herausforderungen ansprechen:

Für Ihre Mitarbeiter bedeutet ein neues System zunächst Umstellung. Manche werden begeistert sein, andere skeptisch. Der Schlüssel: Zeigen Sie konkret, wie das Portal den Arbeitsalltag erleichtert, und investieren Sie in gute Schulungen.

Bei Ihren Mandanten werden Sie auf unterschiedliche Reaktionen stoßen. Der 25-jährige Gründer wird das Portal lieben. Der 65-jährige Handwerksmeister braucht vielleicht mehr Überzeugungsarbeit, aber auch bei ihm haben Sie dank der Benutzerfreundlichkeit moderner Portale die beste Chance, den Prozess überhaupt zu digitalisieren! Nutzen Sie die Onboarding-Unterstützung der Anbieter – viele bieten Webinare oder sogar persönlichen Support für Ihre Mandanten.

Fazit: Ja, es lohnt sich – wenn Sie es richtig angehen

Die Einführung eines Mandantenportals ist kein Wundermittel, aber ein mächtiges Werkzeug, um Ihre Kanzlei effizienter, moderner und mandantenfreundlicher zu gestalten. Der Return on Investment zeigt sich nicht nur in gesparter Zeit, sondern auch in zufriedeneren Mitarbeitern und Mandanten.

Wichtig ist, die für Ihre Kanzlei passende Lösung zu finden und die Implementierung gut zu planen. Starten Sie vielleicht mit einer Pilotgruppe besonders technikaffiner Mandanten, sammeln Sie Erfahrungen und rollen Sie das Portal dann schrittweise aus.

In einer Zeit, in der digitale Lösungen immer selbstverständlicher werden, ist die Frage eigentlich nicht mehr, ob Sie ein Mandantenportal einführen sollten – sondern wann und wie. Denn während Sie noch überlegen, hat die Kanzlei nebenan vielleicht schon den ersten Schritt gemacht.

Und seien wir ehrlich: Wer träumt nicht von einer Welt, in der Belege pünktlich, sortiert und vollständig eintreffen – ganz ohne das 15. Erinnerungs-Telefonat?


Zur Person:

Florian Lang Florian Lang ist Steuerberater und Mitgründer des Digitalisierungs- und KI-Anbieters livestep. Das Unternehmen bietet auch Unterstützung bei der Einführung von Mandantenportalen an. Informationen zum Beratungsangebot gibt es unter www.livestep.ai/de/services/mandantenportal/.