27.05.2025 | Kanzleiorganisation
Von Zach Davis, Simple First Consulting GmbH
In vielen Kanzleien entstehen Enttäuschungen, weil Erwartungen nicht erfüllt wurden – obwohl sie nie ausgesprochen wurden. Das Fatale: Auf beiden Seiten herrscht das Gefühl, "das müsste doch klar sein". Doch Erwartungen, die nur im Kopf der Führungskraft oder des Mitarbeiters existieren, können nicht erfüllt werden. Manchmal wirkt es, als würde ein unsichtbarer Regisseur eine Szene inszenieren, von der das Gegenüber nichts weiß – und dann enttäuscht sein, dass der andere seine Rolle nicht spielt.
Der Ausweg: Erwartungen sollten nicht nur ausgesprochen, sondern auch klar strukturiert kommuniziert werden. Etwa: "Mir ist wichtig, dass Sie Rückmeldung geben, wenn Sie eine Aufgabe nicht bis zum Termin schaffen." Oder: "Mir ist wichtig, dass bei der Mandantenkommunikation alle Entscheidungen dokumentiert werden." So wird aus stillem Kopfkino eine klare Vereinbarung.
Kaum etwas raubt mehr Energie als das ständige Erinnern an unerledigte Aufgaben, fehlende Unterlagen oder offene Rückmeldungen. Viele Kanzleien kennen das Spiel: Man bittet freundlich, dann nochmal, dann deutlicher – und irgendwann übernimmt man es selbst. Das Problem: Wer regelmäßig hinterherläuft, verstärkt ungewollt genau dieses Verhalten. Es wird zur stillen Normalität, dass erst auf die dritte Erinnerung etwas passiert.
Die bessere Strategie beginnt mit einem Systemwechsel. Statt Aufgaben lose zu besprechen, hilft oft ein klarer Satz wie: "Wir brauchen die Unterlagen bis Mittwoch, 15 Uhr – ist das für Sie machbar?" Und wenn das nicht klappt: "Wir hatten Mittwoch, 15 Uhr gesagt – was hat nicht funktioniert?" So entsteht Schritt für Schritt eine neue Verbindlichkeitskultur – nicht nur gegenüber Mandanten, sondern auch intern im Team. Unklare Zusagen – und wie man sich selbst ein Bein stellt "Ich melde mich zeitnah", "Wir schauen mal", "Das kriegen wir schon irgendwie hin" – all das sind Aussagen, die gut gemeint sind, aber oft das Gegenteil bewirken. Denn wo keine Klarheit herrscht, entsteht Raum für Missverständnisse. Der eine denkt an morgen, der andere an nächste Woche. Und wenn das Gesagte dann nicht eintritt, ist die Enttäuschung programmiert – auch wenn niemand bewusst etwas falsch gemacht hat.
Klare Aussagen sind kein Zeichen von Härte, sondern von Verlässlichkeit. Besser: "Ich gebe Ihnen bis Freitag eine Rückmeldung – spätestens bis 14 Uhr." Oder intern: "Ich schaffe das bis Mittwoch – wenn es vorher Schwierigkeiten gibt, sage ich Bescheid." Das klingt simpel – und ist gleichzeitig eine der wirksamsten Maßnahmen für mehr Vertrauen im Team und mit Mandanten.
Fast jede Kanzlei hat sie: Mitarbeiter, bei denen man innerlich längst aufgegeben hat. Die Deadlines reißen, die Prozesse werden ignoriert, Rückmeldungen bleiben aus – und trotzdem bleibt alles beim Alten. Warum? Weil man "die Diskussion vermeiden will", "der Fachkräftemangel groß ist" oder "es halt schon immer so war". Kurz: Man arrangiert sich – auf Kosten der eigenen Nerven und der Teamkultur.
Doch Achtung: Wer bekannte Muster dauerhaft toleriert, zementiert sie – und sendet eine klare Botschaft an das gesamte Team: "Verlässlichkeit ist optional." Der bessere Weg: Verhalten offen ansprechen, sachlich, aber bestimmt. Und dann gemeinsam klären: Was genau ist das Problem – und was muss sich konkret ändern? Wer ein Verhalten duldet, braucht sich über dessen Fortsetzung nicht zu wundern.
Nein sagen fällt vielen schwer – besonders in der Kanzleiwelt, wo man Mandanten nicht enttäuschen, Kollegen nicht im Stich lassen und das Team nicht belasten will. Doch jedes "Ja", das man eigentlich nicht geben sollte, hat einen Preis: Überlastung, Frust, Qualitätsverluste. Am Ende zahlt die Kanzlei – und zwar mit Zinsen.
Es hilft, das Dilemma offen zu benennen: "Ich würde das gern möglich machen, aber meine Kapazitäten sind aktuell voll." Oder auch: "Damit es wirklich gut wird, brauche ich zwei Tage mehr – passt das für Sie?" Nein sagen heißt nicht: abblocken. Es heißt: ehrlich priorisieren, statt sich selbst oder andere zu überfordern.
Die schlechte Nachricht: Die "Pappenheimer" verschwinden nicht von allein. Die gute: Man kann viel dafür tun, dass sie weniger Energie kosten. Wer klare Erwartungen ausspricht, nicht jedem hinterherläuft und bei Bedarf auch mal freundlich Nein sagt, sorgt für Struktur – und macht es sich selbst und dem Team leichter. Und wenn doch mal jemand aus der Reihe tanzt? Dann hat man zumindest den Taktstock wieder in der Hand.
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Zur Person:
Zach Davis ist Experte für Kapazitätsengpässe, Zeitintelligenz und Mitarbeitergewinnung, Vortragsredner des Jahres 2011, erfolgreicher Speaker und Berater. Als Coach unterstützt er Steuerkanzleien dabei, mehr Mitarbeiter zu gewinnen, sowie produktiver und profitabler zu werden. Er ist Mitgründer und Geschäftsführer der Simple First Consulting GmbH (www.simple-first.de)