27.05.2025 | Kanzleimanagement
Von Jonas Carstens
Vielleicht kommt Ihnen das bekannt vor: Ein Mandant sitzt bei seiner Hausbank. Es geht um eine anstehende Finanzierung. Die Bank fordert kurzfristig eine "schnelle Auskunft" zur aktuellen steuerlichen Bewertung einer Immobilie. Noch während des Gesprächs klingelt das Telefon in Ihrer Kanzlei. Die Erwartung: eine sofortige, verbindliche Antwort.
Für den Mandanten ist das eine normale Anfrage – für die Kanzlei ist es ein Moment höchster Aufmerksamkeit. Denn es sind genau diese Alltagssituationen, in denen sich entscheidet, ob die Kanzlei nicht nur rechtlich sauber, sondern auch strategisch sicher aufgestellt ist.
Haftungsprävention ist längst kein Sonderthema mehr, das man irgendwann mal mit der Versicherung bespricht. Sie gehört heute zum professionellen Kanzleimanagement und ist ein zentraler Bestandteil moderner Beraterverantwortung.
Steuerberater sind zunehmend mit Rahmenbedingungen konfrontiert, die das Risiko für Haftungsfälle erhöhen. Mandanten sind digital, ungeduldig – aber nicht zwingend organisiert.
Gesetze und Vorschriften ändern sich schneller denn je. Gleichzeitig bleiben viele Kanzleien in ihren Abläufen, Versicherungen und Mandatsvereinbarungen unverändert, oft über Jahre hinweg.
Dabei entstehen Haftungsrisiken nicht nur durch falsche Auskünfte. Schon das Versäumen eines Einspruchs oder eine ungenaue Kommunikation reichen aus. In den aktuellen Zeiten wird dann der Ruf nach Haftung des Steuerberaters schnell laut.
Haftungsprävention bedeutet heute mehr als "gute Absicht" oder eine abgeschlossene Berufshaftpflicht. Sie beginnt bei der Mandatsannahme, zieht sich durch die Kommunikation und spiegelt sich in den Strukturen und Prozessen der Kanzlei.
Drei typische Schwachstellen:
Wer Haftung strategisch vorbeugen will, sollte systematisch vorgehen. Die folgenden Elemente bilden das Fundament:
Diese Punkte sind keine theoretischen Überlegungen, sondern lassen sich konkret und praxistauglich umsetzen, mit überschaubarem Aufwand, aber großer Wirkung.
In vielen Fällen erlebe ich: Die Gefahr ist den Beratern bewusst und gleichzeitig fehlt im Alltag der Moment sie wirklich anzugehen. Haftung bleibt ein diffuses Damoklesschwert. Doch es braucht kein Großschadenereignis, um die Kanzlei auf Kurs zu bringen. Schon kleine strukturelle Verbesserungen machen einen großen Unterschied.
Manche Kanzleien haben diesen Prozess bereits durchlaufen, andere stehen noch am Anfang. Wer sich dabei externe Unterstützung sucht, handelt nicht aus Schwäche, sondern aus unternehmerischer Klugheit. Wichtig ist nur: zu handeln, bevor etwas passiert.
Wie das aussehen kann, zeigt unser Eingangsfall: Dank präziser Mandatsvereinbarung ist definiert, ob und in welchem Umfang Auskünfte an Dritte erteilt werden dürfen. Eine aktuelle Vollständigkeitserklärung des Mandanten liegt vor, ebenso wie eine schriftliche Befreiung von der Verschwiegenheitspflicht.
Die Haftungsbegrenzung ist nicht nur mit dem Mandanten vereinbart, sondern wurde auch ausdrücklich gegenüber der Bank fixiert, rechtlich wirksam durch die Einbeziehung der Allgemeinen Auftragsbedingungen. Ein klarer Hinweis auf diese Begrenzung findet sich bereits auf dem Deckblatt der Ausarbeitung. Auch der gesamte Kommunikationsverlauf zur
Anfrage ist lückenlos dokumentiert. Und schlussendlich ist auch die Versicherungssumme auf solche Szenarien abgestimmt, das wirtschaftliche Risiko ist damit bewusst abgedeckt.
So kann die Kanzlei die Situation rechtssicher bewerten und dem Mandanten fundiert
antworten. Ohne Risiko. Ohne Stress.
Jonas Carstens ist spezialisiert auf Haftungsprävention, Risikomanagement und Versicherungslösungen für Steuerberater. Als Inhaber der Agentur Carstens (www.berufshaftpflicht-steuerberater.de) führt er die über 40-jährige Expertise des Familienunternehmens fort und entwickelt in Kooperation mit dem Deutschen Steuerberaterverband e.V. (DStV) Absicherungskonzepte für Kanzleien. Kontakt auf LinkedIn