26.06.2025 | Fachartikel/Urteilsbesprechung
Von RAin Susanne Christ, Fachanwältin für Steuerrecht
Im ersten Teil zur Thematik hatten wir darauf hingewiesen, dass nach einer schenkweisen Übertragung einer fremdfinanzierten Immobilie die Darlehenszinsen nur dann als Werbungskosten bei den Mieteinkünften abgezogen werden dürfen, wenn auch das Darlehen übernommen wurde. Dies begründet allerdings eine Gegenleistung für den Immobilienerwerb und macht ihn teilentgeltlich. Welche steuerlichen Folgen das haben kann, zeigt eine weitere Fall-Variante, über die der BFH entschieden hat.
Wird eine Immobilie unentgeltlich auf eine andere Person übertragen, unterliegt der Erwerb der Schenkungsteuer. Die Höhe richtet sich nach dem Wert der Immobilie, den nach Verwandtschaftsgrad der Parteien gestaffelten persönlichen Freibeträgen und Steuersätzen sowie etwaiger Vorerwerbe.
Wird eine Immobilie des Privatvermögens entgeltlich übertragen, ist der aus der Veräußerung erzielte Überschuss einkommensteuerpflichtig, wenn die Immobilie innerhalb der letzten zehn Jahre erworben worden ist (vgl. § 23 Abs. 1 Satz 1 Ziff. 1 EStG). Ausnahmen gelten, wenn die Immobilie zu eigenen Wohnzwecken genutzt worden ist. Bei unentgeltlich erworbenen Immobilien ist auf den Erwerb der Rechtsvorgänger:in hinsichtlich Haltensdauer und Anschaffungskosten abzustellen (vgl. § 23 Abs. 1 Satz 3 EStG). Um eine sogenannte gemischte Schenkung handelt es sich, wenn die Übertragung einer Immobilie teilweise unentgeltlich, teilweise entgeltlich erfolgt.
In einem vom BFH entschiedenen Verfahren (Urteil vom 11.3.2025, Az. IX R 17/24), ging es um die Frage, ob bei einer gemischten Schenkung überhaupt Spekulationssteuer nach 23 EStG entstehen kann. Das Niedersächsische FG vertrat in der Vorinstanz die Auffassung, dass dies nur bei einer vollentgeltlichen Übertragung der Immobilie der Fall sei, nicht aber bei einer gemischten Schenkung. Der BFH hingegen entschied, dass auch bei einem teilentgeltlichen Erwerb ein Spekulationsgeschäft vorliegen kann.
In dem Fall wollte ein Vater 2019 seiner Tochter eine vermietete Immobilie, die er 2014 gekauft hatte, schenken. Allerdings wurde vereinbart, dass sie auch das auf der Immobilie lastende Darlehen übernimmt. Nicht bedacht hatten die beiden, dass dadurch die Übertragung der Immobilie teilweise entgeltlich wird. Da seit dem Kauf der Immobilie noch keine 10 Jahre vergangen waren, ist durch diese Teilentgeltlichkeit ein einkommensteuerpflichtiger Spekulationsgewinn von über 40.000 Euro entstanden.
Besonders bitter für den Vater: Dabei wirkten sich auch die von ihm in der Vergangenheit in Anspruch genommenen AfA und Sonder-AfA gewinnerhöhend aus, da sie von den Anschaffungskosten abzuziehen waren.
Verkehrswert der Immobilie | 210.000 EUR | 100,00 % |
Entgeltlicher Teil (Wert übernommenes Darlehen) | 115.000 EUR | 54,76 % |
Unentgeltlicher Teil | 95.000 EUR | 45,24 % |
Veräußerungserlös | 115.000 EUR | |
./. Anschaffungskosten | 143.950 € x 54,76 % | 78.828 € |
+ AfA (2014 bis 2019) | 12.185 € x 54,76 % | 6.672 € |
./. Vorfälligkeitsentschädigung | 4.000 € x 54,76 % | 2.191 € |
= Veräußerungsgewinn | 40.653 € |
Dieses, oft sehr teure Ergebnis lässt sich dadurch vermeiden, dass die Übertragung der Immobilie erst nach Ablauf von 10 Jahren nach Anschaffung der Immobilie vorgenommen wird. Dann kann einerseits der Werbungskostabzug für die Darlehenszinsen gerettet, anderseits die Versteuerung eines Spekulationsgewinns vermieden werden. Diese scheinbar einfache Maßnahme wird aber, wie die Entscheidung des BFH zeigt, in der Praxis häufig nicht beachtet und kann sehr teuer werden.
Übrigens: Als entgeltlich gilt auch die Übertragung einer Immobilie als Ausgleich für einen Zugewinnausgleichsanspruch im Rahmen eines Scheidungsverfahrens. Auch hier bedarf es einer sorgfältigen Prüfung der steuerlichen Folgen, insbesondere, wenn die Person, die ihren Anteil überträgt, bereits aus der ehelichen Wohnung ausgezogen ist.
In der Beratungspraxis bergen solche Konstellation hohe Haftungsrisiken. Hier bedarf es einer sorgfältigen Prüfung. Lassen Sie sich daher nicht zu einer schnellen Einschätzung, die die Mandantschaft häufig gerne hätte, drängen. Prüfen Sie stattdessen sämtliche Steuerarten durch (insbesondere Schenkungsteuer, ESt-, USt- und Grunderwerbsteuer) und lassen Sie sich diese Tätigkeit, gerade wegen des hohen Risikos, auch entsprechend honorieren.
Empfehlenswert ist, in den Übertragungsvertrag Rücktrittsrechte für die Mandantschaft einzubauen, falls später höhere Steuern erhoben werden, als zunächst angenommen. Zwar wären im Haftungsfall, falls über die Steuern falsch beraten wurde, ggf. die durch einen Rücktritt vom Vertrag entstehenden Kosten (z.B. durch für Notariat, Grundbuchamt) zu übernehmen; doch ein solches Rücktrittsrecht eröffnet die Möglichkeit, reagieren zu können, sollten die durch den Rücktritt entstehenden Gebühren geringer sein, als die drohende Steuerlast.
Autorin:Susanne Christ ist Rechtsanwältin und Fachanwältin für Steuerrecht mit eigener Steuer-, Erb- und Wirtschaftskanzlei in Köln. Seit Juni 2023 ist sie Sprecherin des Erbrechtsausschusses beim Kölner Anwaltsverein. Daneben ist sie langjährige Fachautorin der Haufe Mediengruppe und bei STB Web sowie Dozentin in den Bereichen Einkommen-, Umsatz- und Erbschaftssteuer. Außerdem ist sie Mitautorin des Kommentars „Nachfolgebesteuerung“ (Schmid, Hrsg.), der seit 2019 im Nomos Verlag erscheint. E-Mail: s.christ@netcologne.de