26.06.2025 | Kanzleimanagement

Wofür zahlt der Mandant in der Zukunft? Steuerberatungshonorar in Zeiten von Automatisierung und KI

Zusatzinfo
DWS Steuerberater Medien GmbH

Von Cordula Schneider, Steuerberater-Netzwerk delfi-net

Automatisierung und KI führen dazu, dass unsere klassischen deklaratorischen Dienstleistungen tatsächlich weniger Zeit in Anspruch nehmen. Nicht heute, aber sicher in relativ kurzer Zeit. Damit verschiebt sich die Wertschöpfung vom reinen "Abarbeiten" hin zu individueller Beratung, die echten Mehrwert für Mandanten schafft.

Cordula Schneider
Foto: Cordula Schneider

Mandanten zahlen zukünftig nicht mehr für "Buchhaltung, Lohn, Jahresabschluss und Steuern", sie zahlen für Beratung. Die KI wird uns an dieser Stelle immer besser unterstützten. Wird sie uns komplett ersetzen? Nein. Die wirklich individuelle Beratung, die die gesetzlichen Vorschriften auf den Einzelfall anwendet und bei der Gestaltung auch die individuellen Ziele des Mandanten berücksichtigt, wird auf absehbare Zeit sicher bleiben. Dennoch gilt beim Thema KI der Grundsatz: Sie ersetzt den, der sie nicht nutzt.

Wird es jetzt also Ernst mit der von uns und anderen Kanzleiberatern und Vertretern des Berufstands gebetsmühlenartig wiederholten Forderung: "Macht mehr Beratung"? Klare Antwort: Jein. In der letzten STAX-Auswertung der BStBK kommen die befragten Kanzleien abhängig von der Kanzleiform auf einen Umsatzanteil an Beratung von 4,3 bis 6,6 Prozent.

Hier sind naturgemäß nur Umsätze erfasst, die ausdrücklich als Beratung im Rechnungsausgangsbuch stehen. Aus meiner Erfahrung als Honoraroptimistin kann ich sagen: Beratung findet in den meisten Kanzleien zu einem weit höheren Prozentsatz statt. Gute Kanzleien haben "intern" einen Zeitanteil von 30 bis 40 Prozent an Beratungstätigkeit.
Es geht aus meiner Sicht also nicht darum, mehr zu beraten, es geht darum, mehr Beratung zu zeigen. Unsere Branche hat (auch) an dieser Stelle ein Wahrnehmungsproblem.

Mehr Beratung zeigen – Punkten in drei Bereichen

Als SteuerberaterIn haben Sie drei Funktionen für Ihre Mandanten: Sie sind Compliance- oder PflichtenManager – die Deklaratorik und das aktuelle Zahlenwerk bleiben die Basis. Ihr Mandant hat sie auch als RisikoManager gebucht. Die dritte Rolle überlassen wir gern den selbsternannten Steuergurus: In Ihrer Rolle als ChancenManager geht es darum Beratung zu Möglichkeiten der Optimierung von Steuern, Finanzen und Vermögen zu finden und umzusetzen.

Daraus ergeben sich 3 Beratungsbereiche:

Schaubild Beratungsbereiche
Grafik: Schaubild Beratungsbereiche (© Cordula Schneider)

Die Tür- und Angelberatung im Rahmen von FiBu und Co. findet täglich statt, wird aber oft schon vom eigenen Team nicht als "echte" Beratung wahrgenommen. Im Rahmen des Plichtenmanagements geht es um den korrekten Vorsteuerabzug, das neue Auto oder die Grenzen der Weihnachtsfeier – hier findet Beobachtung und Beratung statt – leider meist unter dem Radar.

Meine Empfehlung: Worte machen etwas mit uns Menschen. Je mehr das Wort "Beratung" in Ihrer Kanzlei in den Mund genommen wird, desto besser wird die Wahrnehmung. Starten sie eine Beratungsoffensive der anderen Art. Wie oft kommt das Wort "Beratung" bisher auf Ihrer Website, in Ihrer Korrespondenz und auf Ihren Rechnungen vor? Machen Sie nach außen klar: Wir machen keine Buchhaltung, wir beraten!

Strategische Steuerberatung wird überschätzt

Bei der strategischen Steuerberatung geht es um die großen Räder: Nachfolge, Rechtsformoptimierung, Steueroptimierung. Hier können Sie als ChancenManager glänzen. Diese Beratung wird in der Branche am häufigsten thematisiert – nicht zuletzt ist der Titel der Fachberater der Versuch diese Themen nach vorne zu bringen. Das Merkmal der strategischen Themen ist allerdings, dass sie im Leben eines Steuerpflichtigen (egal ob Unternehmer oder Privatperson) meist maximal ein- bis zweimal im Leben vorkommen, wenn überhaupt. Zudem ist sie für die meisten Kanzleien nicht "mal eben" aus dem Ärmel geschüttelt und zudem sehr zeitintensiv und schwer planbar. Das ist nach meiner Erfahrung auch der Grund, dass dieser Beratungsbereich in den meisten Kanzleien eher als "passive" Steuerberatung betrieben wird: Wenn eine Anfrage kommt…

Zwischen den beiden genannten Bereichen liegt die Alltagsberatung. Hier geht es schwerpunktmäßig um das Risikomanagement. Liquidität, Steuerplanung und die betriebswirtschaftliche Entwicklung des Mandanten stehen hier im Fokus. Leider liegt dieser Bereich in den meisten Kanzleien besonders tief unter der Wahrnehmungsschwelle.

Die Alltagsberatung als Wahrnehmungsbooster

Das "Beratungsradar" ist in den deklaratorischen Dienstleistungen in der Kanzlei zwar aktiviert. Sprich bei Fibu und Co haben Sie und Ihre Mitarbeiter viele Dinge im Kopf, die automatisch beobachtet werden. Beispiele? Ihr Fibu-Mitarbeiter hat die Forderungen des Mandanten im Blick und fragt bei Auffälligkeiten (hoffentlich) nach. Im Lohn werden "nebenbei" Tipps zur Nettolohnoptimierung gegeben. Beim Abschluss prüfen Sie im Hinterkopf die Sinnhaftigkeit der aktuellen Rechtsform. Und in der Einkommensteuer wird selbstverständlich die Verteilungsmöglichkeit eines hohen VuV Instandhaltungsaufwands erwogen. Ihr Mandant bekommt davon viel zu wenig mit. Insbesondere, wenn eine Steueroptimierungsmöglichkeit verworfen wird.

Meine Empfehlung: Sagen Sie Ihrem Mandanten, was Sie geprüft haben, auch wenn es nicht zum Tragen gekommen ist. Schreiben Sie keine textlastigen Bilanz-Erläuterungen für die Bank, die diese sowieso nicht liest. Geben Sie Ihren Mandanten einen "Inspektionsbericht", in dem abgehakt ist, was geprüft wurde. Die meisten Mandanten werden diese Liste nicht wirklich durchlesen, es gibt Ihnen aber ein sicheres Gefühl der Professionalität Ihrerseits.

Die Alltagsberatung bietet Ihnen die Möglichkeit, sich von Kanzleien zu unterscheiden, die noch nach außen lediglich Buchführung und Co. anbieten. Die gute Nachricht: Sie beraten in der Regel ja schon über die Beobachtung der oben genannten Punkte. Jetzt geht es nur noch darum, dies den Mandanten auch zu zeigen.

Ihr Mandant merkt, dass sie hinschauen

Aus meiner Sicht gibt es dafür zwei Hebel, die sie auf jeden Fall in ihrer Kanzlei nutzen sollten. Eine Grunderwartung des Mandanten ist, dass sie ihre Funktion als RisikoManager erfüllen. Dies bedeutet, dass ihr Mandant nicht jeden Monat die BWA lesen möchte. Er erwartet aber ganz klar, dass Sie das tun und sich melden, wenn Sie eine Entwicklung sehen, die zu einem Risiko führen kann. Eine weitere Grunderwartung jedes Mandanten, der zum Steuerberater geht, ist es bei den Steuerzahlungen keine Überraschungen zu erleben.

Aus diesen beiden Grunderwartungen ergeben sich die zwei "Must Have's" der Alltagsberatung. Geben Sie Ihren Mandanten mäßig, aber regelmäßig ein BWA-Feedback. Denn eines ist klar: Die Auswertung allein ist nie die Dienstleistung. Die BWA ist damit nicht das Ende der Dienstleistung Fibu, sondern der Beginn der Dienstleistung Beratung.

Bei den meisten Mandanten wird ein vierteljährliches Feedback vollkommen ausreichen. Dies kann auch mit einer kurzen, schriftlichen Mitteilung passieren. Und geben Sie Ihren Mandanten, insbesondere auch dann ein BWA-Feedback, wenn aus ihrer Sicht alles in Ordnung ist. Der Effekt: Ihr Mandant merkt, dass sie hinschauen.

Jetzt höre ich einige von Ihnen fragen: "Und wann soll ich das bitte auch noch tun?". Gegenfrage: Wenn ich als Unternehmer zu einem Steuerberater gehe und dieser nicht einmal im Vierteljahr eine Viertelstunde Zeit für mich hat, um meine BWA durchzusehen und mir ein kurzes Feedback zu geben – wofür brauche ich dann einen Steuerberater? Ich brauche dann eigentlich nur ein Buchhalter.

Das zweite "Must Have" der Alltagsberatung ist der Steuercheck, den sie natürlich auch mit dem BWA-Feedback verbinden können. Auch dieser wird im Normalfall vierteljährlich ausreichen. Teilen Sie Mandant eben auch mit, wenn es an den aktuellen Vorauszahlungen nichts zu ändern gibt. Das gibt ihm die Sicherheit, die er von Ihnen als seinem Steuerberater erwartet.

Alles drin? Die Honorarfrage

Wahrscheinlich haben sie – und zwar zu Recht – jetzt sofort die Frage nach dem Honorar auf der Zunge. Sind die beiden Dienstleistungen BWA-Feedback und Steuercheck zusätzlich abrechenbare Leistungen? Prinzipiell ja. Da es sich um Leistungen handelt, die jeder ihrer Mandanten immer braucht und erwartet. Es ist aus meiner Sicht als Honoraroptimistin sinnvoll, sie nicht als Optionsleistungen mit einem "Zusatzhonorar" zu veranschlagen.

Meine Empfehlung: Diese beiden Leistungen sind bereits im Grundpaket oder im Basis-Honorar fest enthalten. Eine Wahlmöglichkeit für den Mandanten gibt es an dieser Stelle nicht. Für diese Leistungen ist das Honorar in das Grundpaket eingepreist – gerne auch ohne Offenlegung, wie viel Euro Sie genau dafür kalkulieren. Bei einem Aufwand von vierteljährlich ca. 20 Minuten im Quartal, also rund 1,5 Stunden im Jahr mit einem internen Stundensatz von 150 Euro ergibt 225 Euro. Ich empfehle, diese Leistung monatlich aufgerundet mit 20 Euro in das Fibu-Honorar einzupreisen. Hier geht es nicht darum, das Honorarvolumen maßgeblich zu erhöhen. Hier geht es darum, dem Mandanten bewusst zu machen, dass er beraten wird – und zwar laufend.

Fazit: Beratung ist der Schlüssel

Mandanten zahlen künftig für den echten Wert der Beratung: Individuelle Problemlösung, proaktive und transparente (alltägliche) Begleitung, digitale Effizienz sowie Zugang zu umfassender Expertise. Dabei werden die großen Räder der strategischen Steuerberatung überschätzt. Die hier vorgestellte Alltagsberatung schafft Vertrauen Ihrer Mandanten in Ihre Beratungskompetenz. So wird die Alltagsberatung zur Basis für größere, strategische Beratungen.


Zur Person

Cordula SchneiderCordula Schneider ist Kanzleiberaterin und Partnerin des delfi-net Steuerberater-Netzwerk mit rund 90 Kanzleien bundesweit. Ihr Schwerpunkt ist die Honorarberatung. Davor führte Sie als Steuerberaterin eine eigene Kanzlei. Kontakt auf LinkedIn