25.08.2023 | Bundesarbeitsgericht

Vermutungswirkung bei betriebsbedingter Kündigung in der Insolvenz

Ist eine Betriebsänderung geplant und schließen der Insolvenzverwalter und der Betriebsrat darüber einen Interessenausgleich mit Namensliste, wird vermutet, dass die Kündigung des in der Namensliste aufgeführten Arbeitnehmers durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt ist.

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Im Zeitpunkt des Abschlusses des Interessenausgleichs muss sich die Betriebsänderung noch in der Planungsphase befinden, damit dem Betriebsrat eine Einflussnahme auf die unternehmerische Entscheidung möglich ist. Dies geht aus einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 17. August 2023 (Az. 6 AZR 56/23) hervor.

Der Kläger war seit 2011 bei einem Unternehmen mit rund 400 Beschäftigten tätig. Der Insolvenzverwalter schloss vor dem Hintergrund einer geplanten Betriebsstilllegung mit dem Betriebsrat am 29. Juni 2020 einen Interessenausgleich mit drei verschiedenen, insgesamt sämtliche Arbeitnehmer aufführenden Namenslisten. Nach Unterzeichnung des Interessenausgleichs kündigte der Insolvenzverwalter das Arbeitsverhältnis betriebsbedingt mit Schreiben zum 31. Mai 2021 und wegen einer behaupteten Schwerbehinderung vorsorglich ein weiteres Mal zum selben Kündigungstermin. Das Landesarbeitsgericht hat die Kündigungen als unwirksam angesehen.

Anders entschied nun das Bundesarbeitsgericht. Die Kündigung habe das Arbeitsverhältnis des Klägers, der rechtskräftig festgestellt keinen besonderen Kündigungsschutz infolge einer Schwerbehinderung genießt, wirksam zum 31. Mai 2021 beendet. Die Kündigung sei jedenfalls aufgrund der insolvenzrechtlichen Vermutung (§ 125 Abs. 1 Nr. 1 InsO), dass sie durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt ist, wirksam. Der Insolvenzverwalter habe hinreichend dargelegt, dass die der Kündigung zugrunde liegende Betriebsänderung geplant war. Die diesbezügliche Vermutungswirkung hat der Kläger nicht widerlegt.

(BAG / STB Web)

Hinweis: Beachten Sie bitte das Datum dieses Artikels. Er stammt vom 25.08.2023, sodass die Inhalte ggf. nicht mehr dem aktuellsten (Rechts-) Stand entsprechen.