30.05.2024 | Fachartikel

Änderungsmöglichkeiten von Testamenten und anderen letztwilligen Verfügungen von Todes wegen

Von RAin Susanne Christ, Fachanwältin für Steuerrecht

Gerade ältere Mandantinnen und Mandanten wünschen sich neben der allgemeinen Steuerberatung häufig auch eine umfassende erbschaftsteuerliche Beratung. In der Praxis zeigt sich oft, dass bereits getroffene Regelungen von Todes wegen erbschaftsteuerlich nicht unbedingt optimal sind. Dann stellt sich die Frage, ob die einmal vorgenommenen Anordnungen in einem (gemeinschaftlichem) Testament oder einem Erbvertrag noch geändert werden können und was zu beachten ist.

RAin Susanne Christ
Foto: RAin Susanne Christ ist Fachanwältin für Steuerrecht und Sprecherin des Erbrechtsausschusses beim Kölner Anwaltsverein.

Zunächst die positive Nachricht: Letztwillige Verfügungen von Todes wegen – mit Ausnahme von Erbverträgen – lassen sich grundsätzlich zu Lebzeiten ändern, ohne dass die Zustimmung einer anderen Person erforderlich ist. Allerdings sind dabei bestimmte Punkte zwingend zu beachten, damit die Änderung rechtlich auch wirksam wird. Welche das sind, hängt wiederum davon ab, um welche Art von letztwilliger Verfügung von Todes wegen es sich handelt.

Änderung eines Einzeltestaments

Handelt es sich um ein Einzeltestament, also ein Testament, dass nur von einer Person allein erstellt wurde, kann es jederzeit geändert werden, solange die testierende Person testierfähig ist. Wird sie jedoch, beispielsweise wegen Demenz, testierunfähig, kann das Testament nicht mehr geändert werden. Da letztwillige Verfügungen von Todes wegen höchstpersönlich zu errichten sind, ist eine Stellvertretung nicht möglich. Auch eine mit umfassender Vollmacht ausgestattete Person kann ein Testament nicht wirksam ändern. Grundsätzlich wird bei erwachsenen Menschen die Testierfähigkeit unterstellt; wer sich auf die Testierunfähigkeit berufen möchte, muss diese beweisen.

Einzeltestamente lassen sich jederzeit durch ein neues Testament ändern oder aufheben; bei sich widersprechenden Testamenten gilt stets das jüngere Testament. Für manche überraschend ist es, dass auch ein notarielles Einzeltestament durch ein privatschriftliches (handschriftliches) Testament aufgehoben oder geändert werden kann.

Sonderfall: Amtlich verwahrtes Einzeltestament

Notariell errichtete Testamente werden immer amtlich verwahrt. Werden diese aus der amtlichen Verwahrung zurückgenommen, gilt das notarielle Testament dadurch zwingend als aufgehoben. Privatschriftliche Testamente können ebenfalls in amtliche Verwahrung gegeben werden. Werden sie daraus zurückgenommen, gilt das privatschriftliche Testament dadurch nicht als aufgehoben. Soll es aufgehoben werden, sollte es nach Rückgabe aus der amtlichen Verwahrung entweder vernichtet werden und/oder ein neues Testament (mit jüngerem Datum) verfasst werden.

Zur Rücknahme aus der amtlichen Verwahrung ist nur die testierende Person befugt, eine Stellvertretung, auch durch eine betreuende Person, ist nicht möglich.

Gemeinschaftliches Testament

Das gemeinschaftliche Testament ist eine Besonderheit des deutschen Rechts. Danach können Eheleute (und eingetragene Lebenspartnerschaften) gemeinsam ein Testament errichten. Wird es privatschriftlich errichtet, muss es durch eine der beiden beteiligten Personen handschriftlich verfasst und von beiden unterschrieben werden. Alternativ kann es notariell beurkundet werden.

Enthält es sogenannte wechselbezügliche Verfügungen (was der Regelfall ist), können diese zwar zu Lebzeiten aufgehoben werden; doch dieser Rücktritt von einer wechselbezüglichen Verfügung muss der anderen Person zwingend mitgeteilt werden. Und wichtig! Dieser gegenüber der anderen Person zu erklärende Rücktritt bedarf der notariellen Beurkundung. Im Klartext heißt das, dass ein gemeinschaftliches handschriftliches Testament zwar ohne notarielle Beteiligung errichtet werden kann, aber der Rücktritt davon nur wirksam ist, wenn der Rücktritt notariell beurkundet wird. Praktisch bedeutsam ist das vor allem, wenn die Eheleute sich später nicht (mehr) verstehen, etwa in Trennungsfällen. Ein gemeinschaftliches Testament wird erst durch rechtskräftige Scheidung unwirksam; eine Trennung führt grundsätzlich noch nicht zur Unwirksamkeit eines gemeinschaftlichen Testamentes.

Sind sich die Eheleute oder eingetragenen Lebenspartner*innen einig, können sie die Änderung auch einfach durch Vernichten des ursprünglichen gemeinschaftlichen privatschriftlichen Testamentes herbeiführen und ein neues verfassen; bei einem notariellen gemeinschaftlichen Testament müssen sie es aus der amtlichen Verwahrung zurücknehmen. Denkbar wäre auch das Verfassen eines weiteren (jüngeren) gemeinschaftlichen Testaments, dies allerdings ebenfalls nur gemeinsam!

Will nur eine der beiden Beteiligten die Regelungen widerrufen, muss der Rücktritt – zum Schutz des anderen – in notariell beurkundeter Form erklärt werden. Weisen Sie Ihre Mandantschaft daher unbedingt darauf hin, dass die Unterlagen über Rücktritt und Zustellung des Rücktritts sehr sorgfältig aufbewahrt werden müssen, um später auch nachweisen zu können, dass der Rücktritt wirksam erklärt wurde!

Wechselbezügliche Verfügungen sind Verfügungen, bei denen anzunehmen ist, dass die eine Verfügung nur durch die andere Verfügung zustande gekommen ist, etwa bei der gegenseitigen Erbeinsetzung von Eheleuten. Die Erbeinsetzung des Ehemannes durch die Ehefrau erfolgt nur deshalb, weil auch der Ehemann die Ehefrau als seine Erbin einsetzt. Oder bei Patchworkfamilien: Sollen alle Kinder ("meine, deine und unserere Kinder") als Erb*innen nach dem Tod des zuletztversterbenden (Stief-) Elternteils erben, wird dem von beiden (Stief-) Elternteilen zugestimmt, weil auch der andere (Stief-) Elternteil alle Kinder (und nicht nur seine leiblichen Kinder) zu seinen Erb*innen einsetzt. Keine Wechselbezüglichkeit würde etwa vorliegen, wenn eine Ehefrau anordnet, dass ihre Nichte eine bestimmte Kette der Großmutter nach ihrem Tod erhalten soll.

Der Rücktritt von den wechselbezüglichen Regelungen in einem gemeinschaftlichen Testament ist grundsätzlich nur zu Lebzeiten beider(!) Eheleute möglich. Nach dem Tod der ersten Person kann von diesen Regelungen im gemeinschaftlichen Testament nur durch Ausschlagung zurückgetreten werden. Grundsätzlich kann eine Erbschaft nur innerhalb von sechs Wochen nach Kenntnis des Erbfalls ausgeschlagen werden.

Erbvertrag

Bei einem Erbvertrag treffen zwei oder mehr Personen eine vertragliche Regelungen zur Erbeinsetzung, zu Vermächtnissen, Auflagen oder auch der Wahl des anzuwendenden Erbrechts. Andere in einem Erbvertrag enthaltenen Regelungen entfalten keine vertragliche Bindung, können also später durch wirksames Testament oder eine andere Regelung von Todes wegen einseitig geändert werden.

Häufig wird ein Erbvertrag auch verbunden mit einem Erbverzicht, etwa eines Kindes und/oder eines Pflichtteilsverzichts gegen Zahlung einer Abfindung. Der Erbvertrag und auch ein Erb- bzw. Pflichtteilsverzichtsvertrag zu Lebzeiten der Erblasser*in ist nur wirksam, wenn der Vertrag notariell beurkundet wird. Grundsätzlich ist er im Rahmen seiner Bindungswirkung bindend und kann nicht später von einer Vertragspartei einseitig widerrufen oder geändert werden. Eine Stellvertretung ist für die Erblasserin/den Erblasser ist nicht möglich; andere Vertragsparteien können grundsätzlich vertreten werden.

In der Praxis finden sich in Erbverträgen manchmal aber Regelungen, die es einer Vertragspartei erlauben, einseitig Änderungen vornehmen zu dürfen und zwar häufig auch dann, wenn bereits eine der anderen Vertragsparteien verstorben ist. So erlauben es sich häufig Eheleute, dass auch nach Eintritt des ersten Todesfalles die überlebende Person noch Änderungen vornehmen darf.

Sind solche Regelungen im Erbvertrag enthalten, kann entsprechend dieser Regelungen der Erbvertrag ggf. auch einseitig geändert werden; enthält der Erbvertrag keine solcher Regelungen, ist er grundsätzlich nicht mehr änderbar; es sei denn, alle Beteiligten des Vertrages stimmen einer Änderung zu.

Befugnisse in der steuerberatenden Praxis

Steuerberaterinnen und Steuerberater sind befugt, auch zu den genannten Punkten rechtlich zu beraten, solange die steuerliche Beratung im Vordergrund steht. Raten Sie also, um eine erbschaftsteuerliche Optimierung zu erzielen, zu einer Änderung der bestehenden Regelungen von Todes wegen, etwa der Änderung eines gemeinschaftlichen Testaments, kann dies auch bedeuten, dass Sie zu den Änderungsmöglichkeiten und den formalen Anforderungen einer Änderung beraten dürfen. Da erbrechtlich die Tücken häufig im Detail stecken und übersehen werden können, sollte hier nicht leichtfertig eine rechtliche Beratung – auch wenn sie vom Rechtsdienstleistungsgesetz gedeckt sein sollte – übernommen werden, sondern bei Bedarf im Erbrecht versierte Fachpersonen in die Beratung einbezogen werden.

Fazit

Verfügungen von Todes wegen sind, solange es sich nicht um einen Erbvertrag handelt, grundsätzlich änderbar. Bei gemeinschaftlichen Testamenten endet die Änderungsbefugnis mit dem Tod eines der beiden Eheleute/eingetragenen Lebenspartner*innen. Ein Erbvertrag lässt sich ohne Zustimmung aller Parteien nur in dem im Erbvertrag vorgesehenen Umfang ändern; ist eine Änderung darin – was in der Praxis häufig der Fall ist – gar nicht vorgesehen, lässt er sich in der Regel einseitig nicht mehr ändern.

Von der Änderungsbefugnis zu unterscheiden sind Voraussetzungen, die an die Wirksamkeit der Änderung geknüpft werden. Werden diese nicht eingehalten, kann das dazu führen, das die ursprünglich getroffene Regelung bestehen bleibt. Das Risiko besteht insbesondere bei gemeinschaftlichen Testamenten hinsichtlich der wechselbezüglichen Verfügungen.


Autorin:

Susanne ChristSusanne Christ ist Rechtsanwältin und Fachanwältin für Steuerrecht mit eigener Steuer-, Erb- und Wirtschaftskanzlei in Köln. Seit Juni 2023 ist sie Sprecherin des Erbrechtsausschusses beim Kölner Anwaltsverein. Daneben ist sie langjährige Fachautorin der Haufe Mediengruppe und bei STB Web sowie Dozentin in den Bereichen Einkommen-, Umsatz- und Erbschaftssteuer. Außerdem ist sie Mitautorin des Kommentars „Nachfolgebesteuerung“ (Schmid, Hrsg.), der seit 2019 im Nomos Verlag erscheint. E-Mail: s.christ@netcologne.de