04.09.2024 | Befragung

Wie bewerten deutsche Firmen die neue KI-Regulierung?

Der EU AI Act ist seit Anfang August offiziell in Kraft und muss nun in den EU-Mitgliedsländern umgesetzt werden. Doch wie bereit sind deutsche Firmen für die neue KI-Regulierung? Deloitte hat hierzu 500 Führungskräfte, die sich in den Unternehmen mit dem Thema beschäftigen, befragt.

(Foto: © iStock.com/ipopba)

Kurz und knapp: Die Befragung zeigt eine deutliche Verunsicherung bei der Einschätzung der neuen Verordnung. Viele Unternehmen sind sich der konkreten Auswirkungen offenbar noch nicht bewusst und haben keine klare Vorstellung, wie sie mit den Vorgaben umgehen sollen. Die Skepsis überwiegt, nur eine Minderheit der Unternehmen beschäftigt sich schon intensiv mit der neuen Gesetzeslage.

Mit der Ratifizierung des EU AI Act hat sich die Lage für europäische Firmen grundlegend geändert: Die regulatorischen Vorgaben sind für alle EU-Länder verpflichtend und müssen zumeist in den kommenden zwei Jahren umgesetzt werden. "Zögern in der Auseinandersetzung mit dem EU AI Act ist gefährlich", sagt Dr. Till Contzen, Partner im Tax- und Legal-Bereich bei Deloitte. "Die Umsetzung der Anforderungen wird je nach Umfang der KI-Nutzung in einem Unternehmen einen erheblichen Aufwand mit sich bringen – zumal viele Organisationen nicht einmal wissen, wieviel KI sie genau nutzen." Es drohe eine Situation vergleichbar mit der Umsetzung der DSGVO, als die Unternehmen im Mai 2018 vor einer riesigen Aufgabe standen, da sie die zwei Jahre Übergangsfrist kaum genutzt hatten. 

Unternehmen zeigen Skepsis

Grundsätzlich zeigt sich bei der Deloitte-Umfrage große Skepsis gegenüber dem neuen Regelwerk. Vor allem beim Thema Rechtssicherheit ist das Bild uneinheitlich: So versprechen sich 39 Prozent der Befragten mehr Rechtssicherheit im Umgang mit KI, rund 35 Prozent verneinen dies, während ein Viertel keinen großen Unterschied sieht.

Ein ähnlich heterogenes Bild zeigt sich bei der Frage, ob der AI Act zu eher mehr oder eher weniger Vertrauen in KI führen wird: Hier glaubt rund ein Drittel (34,9 Prozent) an einen positiven Effekt, fast ebenso viele (30,8 Prozent) können das nicht erkennen. Im Gegenteil – fast die Hälfte der Befragten (47,4 Prozent) sieht in dem AI Act eher ein Hindernis bei der Entwicklung und Einführung von Anwendungen auf Basis von KI im Unternehmen, nur ein Viertel (24,1 Prozent) ist überzeugt, dass die neue Regulatorik dabei helfen wird.

Die Folgen dieser Skepsis sind deutlich messbar: Obwohl der AI Act seit Anfang August in Kraft ist, haben sich 48,6 Prozent der befragten Unternehmen noch nicht intensiv auf die Umsetzung vorbereitet; gerade mal 26,2 Prozent sind tiefer in das Thema eingedrungen. Dennoch fühlen sich 35,7 Prozent der Befragten gut dafür gewappnet, den AI Act umzusetzen, 19,4 Prozent sehen sich eher schlecht vorbereitet. Entsprechend fürchten 52,3 Prozent eine Einschränkung ihrer Innovationsmöglichkeit im Bereich KI durch die Regulierung; nur 18,5 Prozent glauben, dass die Verordnung die Innovationsmöglichkeiten positiv beeinflusst.

Gesetzlicher Rahmen unerlässlich für Vertrauen in KI

"Die teils wohl bewusst unklaren Regelungen des AI Act machen eine Auslegung tatsächlich nicht immer leicht", erklärt Contzen. "Allerdings ist dies ein Fortschritt gegenüber den Schwierigkeiten eines unregulierten Zustandes, in dem die Grenzen nur erahnt werden können und die Unternehmen und die Industrie auf sich allein gestellt sind." Grundsätzlich jedoch wirke eine Regulierung allein durch das Setzen eines Rahmens erst einmal vertrauensbildend. Insofern führe an einer Berücksichtigung ethischer und juristischer Konsequenzen bei KI-Innovation kein Weg vorbei.

 

(Deloitte / STB Web)