26.01.2023 | Fachartikel

Wohnrecht und abziehbare Werbungskosten

DKB

Von RAin Susanne Christ, Fachanwältin für Steuerrecht

Wohnrechte an Immobilien erfreuen sich, ebenso wie Nießbrauchsrechte, in der Praxis großer Beliebtheit. Bei der rechtlichen Ausgestaltung und den steuerlichen Folgen kommt es besonders darauf an, welchen Inhalt das Wohnrecht hat und wer welche Kosten zu tragen hat. Hierzu sind zwei BFH-Urteile von Interesse.

Besonders bei Patchwork- und Mehrgenerationen-Familien bieten sich die Instrumente des Wohnrechts und des Nießbrauchs an. (Foto: © iStock.com/Morsa Images)

Gerade wenn es um Patchworkfamilien geht, besteht häufig das Bedürfnis, eine Immobilie, sei es im Erbfall oder auch im Wege der vorweggenommenen Erbfolge, auf die eigenen Kinder oder andere nahe Verwandte zu übertragen, während die Stiefmutter oder der Stiefvater weiterhin das Recht haben soll, die Immobilie auch nach dem Tod des Elternteils zu eigenen Wohnzwecken weiter nutzen zu können. Dazu bieten sich die Instrumente des Wohnrechts und des Nießbrauchs an.

Unterschiede zwischen Wohnrecht und Nießbrauchsrecht

Während sich das Wohnrecht auch auf einzelne Räume innerhalb einer Immobilie beziehen kann, etwa das Erdgeschoss eines Einfamilienhauses, bezieht sich das Nießbrauchsrecht stets auf die gesamte Immobilie. Beim Wohnrecht ist grundsätzlich nur eine Selbstnutzung zulässig, beim Nießbrauch kann die mit dem Nießbrauch belastete Wohnung in der Regel auch zu fremden Wohnzwecken vermietet werden. In der Praxis wird das Instrument des Wohnrechts häufig dazu genutzt, überlebende Ehegatten oder Lebensgefährt*innen zu versorgen. Das Nießbrauchsrecht hingegen wird häufig vereinbart, wenn das Eigentum im Wege der vorweggenommenen Erbfolge auf die nachfolgende Generation übertragen werden soll, und man sich zugleich das Nießbrauchsrecht daran vorbehält.

Selbstverständlich sind auch andere Konstellationen möglich, etwa, dass man sich lediglich ein Wohnrecht zurückbehält oder wenn zur Absicherung der überlebenden Person ein Nießbrauchsrecht zugewendet wird, etwa im Wege eines Vermächtnisses. 

Besonderheiten bei der Einräumung eines Wohnrechts

Wird in einem Testament oder anderen letztwilligen Verfügung einer Person ein lebenslang geltendes Wohnrecht oder ein Nießbrauchsrecht zugewiesen, unterliegt der Kapitalwert dieses Rechts der Erbschaftsteuer. Der Kapitalwert berechnet sich nach den voraussichtliche Mieterlösen, die für eine solche Immobilie erzielt werden können und der Lebenserwartung entsprechend der dafür veröffentlichen Sterbetafeln, die nach Alter und Geschlecht unterscheidet. Häufig liegt der Wert unterhalb der persönlichen Freibeträge, insbesondere wenn es sich bei den begünstigten Personen um Ehegatten bzw. eingetragene Lebenspartner*innen handelt, da dann der hohe persönliche Freibetrag von 500.000 EUR gilt.

Aber Achtung! Wird ein Wohnrecht oder ein Nießbrauchsrecht nichtehelichen Lebensgefährt*innen zugewiesen, gilt lediglich ein persönlicher Freibetrag von 20.000 EUR; der darüber hinausgehende Wert unterliegt der Erbschaftsteuer mit einem Mindeststeuersatz von 30 %. Da können, je nach Größe der Immobilie, leicht sehr hohe Beträge zusammen kommen. Um hier die steuerliche Belastung abzumildern, kann statt einer Einmalbesteuerung eine ratenweise Zahlung der Steuer nach § 23 ErbStG beantragt werden. Bei der Kalkulation der Gesamtkosten für das Wohnrecht sollte auch berücksichtigt werden, dass die wohnrechtsberechtigte Person verpflichtet ist, die laufenden Kosten für die Immobilie zu tragen. Dazu zählen bei einer Eigentumswohnung in der Regel u.a. die Hausgeldzahlung mit Ausnahme der Rückstellungen und die laufenden Kosten für Strom und Heizung sowie die Aufwendungen für kleinere Reparaturmaßnahmen.

Pflichten des wohnrechtsgebenden Personen

Aber auch die Eigentümer*innen treffen bestimmte Zahlungspflichten. Insbesondere müssen Instandhaltungsmaßnahmen von diesen bezahlt werden, etwa, wenn die Heizung erneuert werden muss. Dies kann zu einer unangenehm hohen finanziellen Belastung führen, weil die Eigentümer*innen während des Bestehens des Wohn- oder Nießbrauchsrechts keine Erträge aus der Immobilie erzielen, aber gleichwohl ggf. hohe Zahlungen leisten müssen. Zugleich können diese Kosten grundsätzlich steuerlich nicht geltend gemacht werden.

Praxistipp: Bei Einräumung eines Wohn- oder Nießbrauchsrechts können davon abweichende Regelungen getroffen werden. Allerdings sollten diese sorgfältig geprüft werden. Denn einer Person, der lediglich ein Wohnrecht eingeräumt wurde, die Kosten der Sanierung einer Heizung aufzuerlegen, kann genauso problematisch sein, wie diese Kosten den Eigentümer*innen zu einem Zeitpunkt aufzuerlegen, zu dem diese noch keine Erträge aus der Immobilie erzielen.

Insbesondere im Zusammenhang mit Wohnrechten, die nur höchstpersönlich ausgeübt werden können, kommt es in der Praxis häufig dazu, dass das Wohnrecht gegen Abfindungszahlung abgelöst wird. Hier stellt sich die Frage, wie die von den Eigentümer*innen geleisteten Ablösezahlungen steuerlich zu behandeln sind.

Künftige Nutzung der Immobilie maßgebend

Soll die Immobilie zukünftig privat genutzt werden, kann die Ablösesumme steuerlich nicht als Ausgabe geltend gemacht werden. Es fehlt schlicht der Zusammenhang zu einer Einkunftsart.

Anders ist es, wenn die Immobilie zukünftig vermietet werden soll. Hier stellt sich die Frage, ob die Kosten für die Ablösung eines Wohnrechts zu den Anschaffungskosten der Immobilie zählen und somit abzuschreiben sind oder als Werbungskosten sofort in voller Höhe abziehbar sind.

BFH-Urteile beachten

Der BFH hat in einer aktuellen Entscheidung festgestellt, dass es sich um sofort abziehbare Werbungskosten handelt, wenn für die Ablösung eines Wohnrechts eine Abfindung gezahlt wird und die Immobilie sodann zur Erzielung von Vermietungseinkünften genutzt wird (vgl. BFH Urteil vom 20.9.2022, Az. IX R 9/21).

Kosten, die während des Bestehens des Wohnrechts von den Eigentümer*innen zu tragen sind, können allerdings nicht als Werbungskosten abgesetzt werden, solange es noch keine Vereinbarung über die Ablösung des Wohnrechts gibt. Und zwar auch dann nicht, wenn geplant ist, dass die Immobilie vermietet werden soll, wenn das Wohnrecht später entfällt. Werbungskosten können erst dann entstehen, wenn die wohnrechtsberechtigte Person der Ablösung des Wohnrechts oder einer Vermietung zugestimmt hat (vgl. dazu Beschluss des BFH vom 15.9.2022, Az. IX B 27/22).

Fazit:

Bei der Vereinbarung eines Wohnrechts (oder Nießbrauchs) sind die rechtlichen und steuerlichen Folgen sowohl bei der wohnrechtsberechtigten Person als auch der wohnrechtsverpflichteten Person genau im Auge zu behalten.

Bei der wohnrechtsberechtigten Person kann die Einräumung eines Wohnrechts, je nach Fallgestaltung, zum Teil erhebliche Erbschafts- bzw. Schenkungsteuern auslösen; insbesondere, wenn das Wohnrecht nichtehelichen Lebensgefährt*innen, denen lediglich ein persönlicher Freibetrag von 20.000 EUR gewährt wird, eingeräumt wird.

Bei den Kosten ist zu beachten, dass die laufenden Kosten grundsätzlich von der wohnrechtsberechtigten Person zu tragen sind, während die Instandhaltsungsmaßnahmen in der Regel der wohnrechtsverpflichteten Person zugeordnet werden. Soll die Immobilie nach Wegfall des Wohnrechts fremdvermietet werden, sollten hohe Ausgaben, soweit möglich, erst dann getätigt werden, wenn bereits Vereinbarungen über das Erlöschen des Wohnrechts getroffen worden sind. Denn Ausgaben, die vorher entstehen, werden von der Rechtsprechung nicht als vorweggenommen Werbungskosten anerkannt; den Gerichten fehlt dabei der Zusammenhang zu den Einkünften aus Vermietung. Anders ist es, wie der BFH aktuell entschieden hat, wenn zur Ablösung des Wohnrechts eine Abfindung gezahlt wird. Diese ist, einschließlich der dabei entstehenden Nebenkosten, als vorweggenommene Werbungskosten abziehbar, wenn es nach Wegfall des Wohnrechts zu einer Fremdvermietung kommt. In der Beratung rund um das Wohnrecht sollten diese Zusammenhänge unbedingt berücksichtigt werden.

* Über die Autorin:

Susanne ChristSusanne Christ ist Rechtsanwältin und Fachanwältin für Steuerrecht mit eigener Steuer- und Wirtschaftskanzlei in Köln. Sie ist langjährige Fachautorin der Haufe Mediengruppe und bei STB Web sowie Dozentin in den Bereichen Einkommen-, Umsatz- und Erbschaftssteuer. Außerdem ist sie Mitautorin des Kommentars „Nachfolgebesteuerung“ (Schmid, Hrsg.), der 2019 im Nomos Verlag erschienen ist. E-Mail: s.christ@netcologne.de

Hinweis: Beachten Sie bitte das Datum dieses Artikels. Er stammt vom 26.01.2023, sodass die Inhalte ggf. nicht mehr dem aktuellsten (Rechts-) Stand entsprechen.